Tom Liwa – Dudajim: Kein alter Sack vor alten Säcken!

Tom Liwa – Dudajim (Normal Records / Indigo)

In einem Interview kürzlich äußerte Tom Liwa sich erfreut über die Tatsache, dass noch immer viele junge Menschen seine Konzerte besuchten und er nicht „als alter Sack vor alten Säcken“ spielen müsse. Nein, die Flowerpornoes werden ihnen nicht mehr wirklich viel sagen. Genauso wenig wie eigentlich diese Vergangenheit nicht immer und immer wieder aufgekocht gehört. Und dennoch: wenn selbst der Beipackzettel zur neuen 17-teiligen Drogeriepackung „Dudajim“ die Historie nicht außer acht lässt, dann heißt es Obacht gegeben, ob sich nicht doch wieder einer dieser vielen Kreise im Leben zu schließen beginnt. Es ist eine dieser leisen, weisen, aber mitnichten phlegmatischen oder gar altklugen Scheiben. Liwa erzählt keine Geschichten, sondern kreiert Bilder, um sie sogleich wieder zu sezieren. Wortwahl Galore, das Booklet wie ein kleiner Gedichtband und ein Instrumentarium, welches sich nicht um Größe, sondern Intensität schert. Da haben Harfe, Orgel, Posaune, ein federzartes Schlagzeug, harmonischer Gesang, Posaune und Saxophon Platz, ohne irgendwo gedrängt zu klingen, spielt Liwa den sympathischen und lyrischen Rattenfänger auf der Akustischen. Gar nicht melancholisch und ebenso wenig abgrundtief traurig kommen uns die Ansichten über den „Traumdeuter“ (die erste Single, gemeinsam aufgenommen mit Garish-Sänger Tom Jarmer), das lichtdurchflutete „Herz des Himmels“, die bissige „Weibliche Seite“ („Der Mann in mir sucht das Weite, dominiert von meiner weiblichen Seite“), um im nächsten Moment in die märchenhafte Tiefseelandschaft der „Drachen von Eden“ zu versinken. Dudajim – der hebräische Begriff steht für ganzheitlich empfundene Liebe, lässt sich auf spirituelle, aber auch auf ganz rationale Weise lesen. Empfindsamkeit, die sich in feinsten Melodien einen leisen Weg in unsere Ohren bahnt, nie beim ersten Hören hängen bleibt und Aufmerksamkeit einfordert. Intensität, vorgetragen von stets leiser Stimme in einem Land der brüllenden Affen. Schön, dass es irgendwo in einer dieser kleinen Nischen jemanden wie Liwa gibt. Einer, der vielleicht bei mancher Plattenfirma unverstanden blieb. Einer aber auch, den genau das nicht zu kratzen vermag. Einer, der die Gabe hat, immer wieder auf die gerade richtigen Mitstreiter zu treffen und auf seinen Bauch zu hören. Einer, der seine Prosa in die Welt hinaus singt und in dieser Form nie wirklich zu den alten Säcken gehören wird. Im Gegenteil! Heute startet die diesjährige Herbst-Tour des unermüdlichen Vieltourers…