Okkervil River: The Stage Names - Bilder und immer wieder Bilder

Okkervil River:
The Stage Names
(Jagjaguwar / Cargo Records)

Von „It's just a bad Movie…“ bis „This is the worst trip I've ever been on!“ sind es gerade einmal 40 Minuten. Ein Rahmen, der sich nahtlos an das niederfrequente Stimmungsgefüge seines Vorgängers „Black Sheep Boy“ zu lehnen scheint. Doch ganz so düster will es gar nicht immer zugehen in den Kurzgeschichten auf „The Stage Names“. Bilder und immer wieder Bilder. „Our Life is not a Movie or Maybe“ zieht gleich eine ganze Leinwand von der Decke, worauf sich der Rest des Albums sehr dreidimensional abbilden lässt. In bester Billy-Bragg-Folkrock-Manier beginnt eher karg, was fortan mit fast schon überbordender Fröhlichkeit abwechselt. Vordergründig zumindest. Denn spätestens in den letzten Sekunden muss auch dem Blindesten unter den Einäugigen klar sein, dass Klang und Karma nicht immer so einher gehen, wie es scheint. Da nämlich, wo Okkervil River mit einem Zitat aus dem ursprünglich westindischen Traditional „Wreck of the John B.“ einen Suizid auf weißem Segeltuch durch die Lüfte schunkeln lassen. Musikhistorisch ein ganz hinterfotziger Kniff. Gelangte doch eben jenes zitierte Stück ausgerechnet durch die konfliktresistenten Beach Boys unter ihrem psychisch massiv leckgeschlagenen Sänger Brian Wilson zu Weltruhm. Dass die US-Amerikaner und mitunter „gefühlten“ Kanadier (wenn sich das Multiinstrumentarium ähnlich in Toronto beheimateter Kollegen ausbreitet) um Will Sheff in den ganz leisen Tönen ebenso zu Hause sind, offenbart sich bald. Im mitternächtlichen Absacken von Gedanken über die eigene Tochter etwa („Savannah Smiles“). Zum Ticken der Zeit in Form eines offenbar überdimensionierten Weckers und unter den behutsamen Klängen des Glockenspiels. Zynismus der unschuldigsten Art in „Plus Ones“ (auch hier kommen Entdeckungshungrige der Musikgeschichte reichhaltig zum Zuge), der sich über manisch-depressive Episoden lustig zu machen scheint und diese am Ende vielmehr offen ehrlich zu sezieren gedenkt. Fast versöhnliche Parallelen dagegen zieht „A Girl in Port“ – welches das Tourleben hinterfragend auf eigene Seetauglichkeit projiziert. Dass auf „The Stage Names“ getanzt werden darf, ein Cello zum simplen Riff greift; dass „Leiden vermeiden“ den Klang manch melancholischen Flusses bestimmt; dass sich beim Griff zum aufwändig gestalteten Booklet erst die vollkommene Tragikomik dieses Albums erschließt; all das macht „The Stage Names“ endgültig zum indiskutablen Muss jeder zeitgenössischen Plattensammlung. Die Tour ab nächste Woche. POP FRONTAL präsentiert!