Deus: Vantage Point - "Down to earth" ist das Motto

Deus: Vantage Point (V2 Records / Universal)

„Ah, nevermind that outer space stuff, let's get down to earth“, faucht Tom Barman zu Beginn von „The Architect“, der ersten Vorabsingle des neuen Albums „Vantage Point“ seiner Band Deus. Und treffender könnte er das fünfte Album der Belgier auch kaum auf den Punkt bringen. Denn Deus sind gelandet. Vergangen sind die ausufernden Höhenflüge eines „Sun Ra“ oder „Instant Street“, passé die trunkene Vertracktheit eines „Suds & Soda“ oder „Fell Off The Floor“. Was sich auf „Pocket Revolution“ schon erahnen ließ, wurde nun konsequent weiterentwickelt. Deus haben die letzten Kanten säuberlich abgeschliffen und liefern mit „Vantage Point“ den Versuch eines leicht greifbaren Popalbums. Eine neue Bodenständigkeit, die viele alte Fans abschrecken dürfte. Erinnert der Opener „When She Comes Down“ mit Barmans typischem Sprechgesang und verspulter Gitarrenarbeit noch sehr an die ruhigeren und überaus catchigen Momente der Vorgängeralben, bekommt der Hörer gleich darauf eine kalorienreiche Kostprobe des neuen Stils verabreicht. Das stürmische Effektgewitter von „Oh Your God“ kann sich zwischen Groove und Melodie nicht entscheiden und wird spätestens zum seichten Refrain Opfer seiner eigenen Unentschlossenheit. Auch die verschrobene Tanznummer „The Architect“ besticht vor allem durch seine Belanglosigkeit. Vergeblich suchen alte Deus-Fans hier nach den unterschwelligen Melodien und Kniffen, denen viele ihrer Songs eine ungemein hohe Lebensdauer zu verdanken haben. Doch auch die Befürchtung, Deus hätten den Karren mit ihrem neuen Album komplett gegen die nächste Großraumdisco gefahren, bewahrheitet sich zum Glück nur zum Teil. „Smokers Reflect“ und „Eternal Woman“ wecken mit ihrer schwebenden Mystik Assoziationen mit atmosphärischen Großtaten wie „Little Arithmetics“ oder „Sister Dew“. Und „Is A Robot“ tritt mit seinem fuzz-durchtränkten Bass das Erbe eines „Nightshopping“ an. Die wenig umkämpfte Krone des Albums verdient sich allerdings das düster groovende „Slow“, dessen tonnenschwerer Bass sich behände durch Rhythmen und Gehörgänge schlängelt und durch die Hilfe von The Knife-Sängerin Karin Dreijer Andersson eine angenehme Kühle verliehen bekommt. Allerdings trösten die leider spärlich verteilten Glanztaten und die großen Gesten eines „Popular Culture“ zum Abschluss nicht darüber hinweg, dass Deus mit „Vantage Point“ ihr bisher vorhersehbarstes und am wenigsten authentisches Album abgeliefert haben. Ihr fünftes Werk bleibt zum größten Teil eine blankpolierte Kopie ihrer selbst, ähnlich und unverkennbar Deus, doch viel zu künstlich. Ein heißer Kandidat für Madamme Tussauds Wachsfigurenkabinett. Die gerade noch laufende Tour gilt es trotzdem nicht zu verpassen.