Deep Purple: Phoenix Rising [DVD/CD]

Deep Purple: Phoenix Rising (Edel) [DVD/CD]

Wie ein Phoenix aus der Asche, die der Weggang von Richie Blackmore hinterlassen hatte, muss vielen der Aufstieg von Deep Purple MKIV (1975-1976) in der Besetzung mit den Ur-Purples Jon Lord und Ian Paice, dem Roger Glover-Ersatz Glenn Hughes (bss, voc), dem Ian Gillan-Ersatz David Coverdale und Tommy Bolin (guit) vorgekommen sein. Man schrieb das Jahr 1975. Der gefeierte Rock-Koloss veröffentlicht mit „Come Taste The Band“ sein erstes Album ohne Ritchie. Das verkaufte sich seinerzeit nicht besonders, vermag aber im Rückblick bis heute zu fesseln. Wie Jon Lord selbst sagt: „Es war kein Deep Purple Album“, aber: „es wird phantastisch darauf gespielt“. Zu exzessives Touren und Drogenmissbrauch von zumindest Hughes und Bolin forderten ihren Tribut: das letzte Studio-Album dieser Ära „Who Do We Think We Are“ wurde bereits nur in separaten Sessions aufgenommen. Ein katastrophaler Gig in Liverpool im März ’76 führte schließlich zur Auflösung von MKIV. Am 04.12.1976 starb der erst 25-jährige Tommy Bolin. Zwischen diesen Vorkommnissen entstand 1975 der sagenumwobene Konzertfilm „Rises Over Japan“, den man als letztes Live-Vermächtnis der Band vor der Trennung sehen kann. Bzw. nie sehen konnte. Denn lange galt der in 16mm gedrehte Film als verschollen, stand 1985 trotzdem kurz vor einer Veröffentlichung, die schließlich doch nicht zustande kam. Als „Phoenix Rising“ erscheint dieser sehenswerte Konzertfilm nun erstmalig.

Das Anschauen loht sich schon wegen der so noch nie gesehenen Interaktion zwischen den damaligen Drug Buddies Hughes/Bolin, die beispielsweise eng aneinander gekuschelt in ein Mikro singen oder in parallelen Minischritten in vollem Spiel über die Bühne trippeln! Die ebenfalls im Package befindliche Audio-CD klingt teils ähnlich wie das „Last Concert in Japan“-Album – und das war ja auch schon eine Pracht. Auffallend sind allerdings die funky Variationen und Duelle Hughes/Bolin beispielsweise bei „Getting Tighter“, die bockstarke „You Keep On Moving“-Version oder die „Georgia On My Mind“-Einlage zum Ende des unausweichlichen „Smoke On The Water“.

Apropos Getting Tighter: Unter diesem Titel birgt die DVD zusätzlich zu „Rises Over..“ auch noch die sehenswerte Dokumentation über Deep Purple MKIV, die den rasanten Niedergang des letzten Jahres lebhaft aus exklusiven Interviews mit Glen Hughes, Jon Lord, Tommy Bolin, David Coverdale und Ian Paice nachvollziehen lassen. Durch starke Schnitte, geschickte Bildregie und eine gekonnte „Split Screen“-Technik (links gibt jemand Interview-Antworten, während rechts davon passende Live-Bilder ablaufen) wird „Tighter“ niemals langweilig. Teilweise wird es sogar spannend wie ein Krimi: Dort nämlich, wo Glenn Hughes und Jon Lord von den schlimmsten zwei Konzerten ihres in der Hinsicht nicht armen Musikerlebens erzählen. In der Kürzestzusammenfassung (nachlesbar auch auf thehighwaystar.com): Die Band war aufgrund ihres Vertrages und Honorars des Glaubens, bei ihrem Konzert in Jakarta/Indonesien ein 12.000er Auditorium vorzufinden. Der Veranstaltungsort entpuppte sich aber als Fußballstadion, das 100.000 aufnehmen konnte und für das noch weit mehr Karten verkauft worden waren. So wurde schnell noch ein zweites Konzert anberaumt. In der Nacht nach dem ersten Konzert kam der D.P.-Bodyguard Patsy Collins auf nie völlig geklärte Art durch den Sturz in einen Fahrstuhlschacht zu Tode (Lord hält es heute noch für Mord). Feststeht, dass sich die Band unter Mordanklage im Gefängnis wiederfand, von wo sie am nächsten Tag wieder ins Stadion eskortiert wurde. Hier nun fand der zweite Gig statt – unter von der Bühnenseite aus vorgehaltenen Waffen, wie Hughes zu Protokoll gibt! Der Manager der Band, Rob Cooksey, blieb währenddessen in Haft. Um den Alptraum komplett zu machen, hetzte die Polizei scharfe Dobermänner auf das Publikum und schoss mit Gummimunition. Da war es nur noch ein Detail, dass Bolin die Nacht auf seinem linken Arm geschlafen und keinerlei Gefühl in seiner Greifhand hatte…