Die pralle Frühlingssonne samt Wind und Regenschauern
Text: Michael Kellenbenz
Ein wenig traurig klinge der Name "Sophia" ja schon, so Frontmann
und Mastermind Robin Proper-Sheppard in einem Interview. Ein wenig traurig drein
schauten in der Tat einige der Besucher in der ansehnlich gefüllten Hamburger
Fabrik. Andere dagegen knutschten unentwegt, während ein nicht minder beträchtlicher
Teil des Auditoriums sich fortwährend in Plauderlaune zeigte. Letzteres war
beim gelinde gesagt unaufgeregten Support Jansen noch vertretbar.
Jansen, die aus den eigentlich unsterblichen M.Walking on the Water hervorgegangenen
beiden Krefelder, erregten zwar Aufsehen durch einen sich karussellisch drehenden,
aus vielen kleinen Lämpchen bestehenden Sonnenschirm, blieben ansonsten aber
blass. Eloquenz und Charisma erfüllten erst den Raum, als gegen 22 Uhr Proper-Sheppard
und Band die kleine Bühne betraten. Nichteingeweihten fiel es schwer zu glauben,
dass dieser Mann im eleganten Dunkelblau mal Mitglied einer Industrial-Kult-Combo
namens The God Machine gewesen sein soll und jetzt Lieder schreibt, die auf dem
aktuellen Album "People are like Seasons" mit solch scheinender Melancholik
vorgetragen werden, dass es einem die pralle Frühlingssonne samt Wind und
Regenschauern in die Augen treibt.
"I left You" an den Beginn zu setzen, zeugte schon von ziemlicher
Dreistigkeit. Andere würden sich alle vorhandenen Finger danach lecken, einen
solchen repetitiven Edelstein als Abschluss auf der Setlist zu haben, Proper-Sheppard
warf dagegen diesen großartigen Achtminüter als Opener ins Rennen.
"Every Day" und "Oh my Love" wurden danach zum livehaftig
gewordenen Teil eines imaginären Mixtapes. Nach Gitarrenwechsel geriet „The
River Song“ hörbar zum vielfach herbeigewünschten Teil eines Ganzen,
das zu zwei Dritteln aus Songs von "People are like Seasons" bestand,
aber auch gerne auf "The Infinite Circle"-Zeiten zurückschaute.
"Swept Back", auf der aktuellen Scheibe schon zum Dauer-Repeat verurteilt,
leitete über in einen Zugabenteil, welcher mit "So Slow", dem
ersten Stück nach dem Tod des "God Machine"-Weggefährten
Jimmy Fernandez, begann. Zugaben, so führte Proper-Sheppard aus, seien der
Teil des Konzerts, welcher sich dem Zeitpunkt gefährlich nähere, an
dem in den großen Städten die Besucher zu den letzten Bahnen eilen.
Diesem Phänomen begegnete er zu oft, aber heute treffe er diese alten "Fans"
wieder auf seinen Konzerten, und sie bringen alte "God Machine"-Scheiben
zum Signieren mit. Man sah dem Manne während seiner Erzählungen das
Unbehagen über derlei Spuren der Vergangenheit nur zu gut an. "The
River Song" und das prophetische "A Change Is Gonna Come" ließen
kurze Zeit später allerdings den Gedanken an die letzten Bahnen kaum zu und
machten vergessen, dass das Licht an diesem Abend auch wieder angehen könnte.
Gar nicht verschlossen und abgekehrt von dieser Welt traten Sophia auf, wie mancher
im Vornherein befürchtete. Warum dieses Ganze am Ende "nur" 11
von möglichen 12 Punkten auf der Richterskala bekommen kann, lag lediglich
an der Akustik, die, erst einen Tacken zu laut, dem Schlagzeug eine Idee zu viel
Präsenz einräumte und dann noch mit kurzen linksseitigen Insuffizienzen
zu kämpfen hatte. Wohl dem, der auf der mitternächtlichen Heimfahrt
im Nachklang nicht auf die Radiosender unserer Breiten angewiesen war. Ein wenig
traurig wäre das dann am Ende doch auch schon wieder gewesen…
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