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Gesehen! Ben Lee / 26.01.2006, Berlin, Magnet Club
Watch him dance, watch him sing!
Text: Carsten Wilhelm
Es ist noch gar nicht so lange her,
da hat dieser Mann in Berlin nicht wenige staunende Gesichter im
Publikum zurückgelassen. Anlässlich der letzten Popkomm
spielte er ausgerechnet an dem Abend, als sich die Berliner
Indie-Crowd die britischen Überflieger von Art Brut zu Gemüte
führte – dumm gelaufen. Besonders für alle, die bei
Art Brut wegen Überfüllung nicht mehr reinkamen. Art Brut
waren wohlgemerkt großartig, dennoch gab es nicht wenige Fans,
denen diese Entscheidung fast das Herz gebrochen hat. Während
Art Brut nunmehr große Hallen beackern, kann man den smarten
Australier immer noch in vergleichsweise kleinen Clubs bewundern. So
auch diesen Abend im lauschigen Magnet Club.
Der Magnet Club war so gut wie ausverkauft, es schien sich
herumgesprochen zu haben, was für fulminante Auftritte dieser
Mann manchmal aufs Parkett legt. Was hat dieser 26-jährige
Jungspund nicht schon alles gemacht. Im zarten Alter von vierzehn
Jahren schrieb Ben Lee mit "I Wish I Was Him" eine Hymne
für sein großes Idol Evan Dando und wird zwischenzeitlich
von ebenjenem oder auch Kathleen Hanna (Bikini Kill/Le Tigre)
verehrt. Jahre später, nach Erfolgen mit seiner Band Noise
Addict und auch mit seinen diversen Soloplatten hat er das eigentlich
gar nicht mehr nötig. Und doch konnte man an diesem Abend
bemerken, dass dieser Mann immer noch Fan ist, dem nicht nur die
eigenen Songs eine Herzensangelegenheit sind. Aber der Reihe nach.
Ohne
Vorgruppe ging es los. Ben Lee erscheint mit verschmitztem Lächeln
und grünem Samtblazer. Wenn man die Augen ein wenig
zusammenkniff, meinte man, den jungen Bob Dylan vor sich zu haben.
Bewaffnet nur mit seiner akustischen Gitarre und Partnerin Lara
Meyerratken an den Keyboards ging es los. Die Stimmung war bereits zu
Beginn überwältigend und sollte in Verlauf der ganzen
Veranstaltung noch besser werden. Ein sichtlich gut gelaunter Ben Lee
spielte sich durch sein komplettes Repertoire, auch wenn der
Schwerpunkt eindeutig bei Songs des letzten Albums "Awake Is The
New Sleep" lag.
Hin und
wieder von lustigen Ansagen unterbrochen, gab es beispielsweise so
schöne Stücke wie "Whatever It Is", "Gamble
Everything For Love" oder "Get Gotten" vom neuen
Output zu hören. Auch wenn manche Fans unkten, „Awake Is
The New Sleep“ wäre sein schwächstes Album, so bewies
der sympathische Australier an diesem Abend das Gegenteil. Natürlich
durften auch alte Hits nicht fehlen, und so konnte man sich über
"Cigarettes Will Kill You" oder "Song 4 you"
und einige weitere Kracher freuen. Dazwischen immer wieder
Verbeugungen vor Bens Helden. So gab’s ein Sinead
O'Connor-Cover, eine Hommage an die wunderbare Karen O von den Yeah
Yeah Yeahs, und selbst die Arctic Monkeys wurden lobend erwähnt.
Als Zugabe erklomm Ben Lee dann noch die Bar des Magnet Club und gab
das wunderschöne "We're All In This Together"
betont leise zum Besten. In diesem Moment war die Stimmung im
Publikum so andächtig, wie man es selten auf einem Konzert
erlebt hat. Schon zu Beginn des Jahres 2006 eine musikalischen
Sternstunde. Wunderbar! Danke!