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Gesehen! Black Country Communion / 14.07.2011, Bonn, Museumsplatz
Die schwarze Summe der Teile
Text: Klaus Reckert
Den ganzen "Supergroup - ja oder nein?"-Schnickschnack wollen wir hier mal lassen. Dennoch sind Black Country Communion mehr als die Summe ihrer schon für sich ehrfurchtgebietenden Teile: Glenn Hughes (Trapeze, Deep Purple, Black Sabbath), Joe Bonamassa (Bloodline, solo), Jason Bonham (Led Zeppelin-Reunion, UFO, Foreigner) Derek Sherinian (Dream Theater, Alice Cooper, Billy Idol, YngwieMalmsteen, u.a.) sowie Mentor Kevin Shirley (Aerosmith, Iron Maiden, etc.). Das hat nicht zuletzt der Live-Test eindeutig erwiesen.
Das Spektakel beginnt ohne Vorgruppe. Schlag halb acht mit einem pompösen Intro vom Band, das selbst
Wagners Walkürenritt nicht auslässt und auch für einen Weltmeisterschaftsboxkampf oder
Elvis' Rückkehr auf die Bühnen der Welt passend gewesen wäre. Mit "Black Country"
legen die Boten in Sachen nach Legende riechendem Hardrock sogleich eine attraktive Visitenkarte auf
dem leider nur zu einem Viertel seiner Kapazität gefüllten Museumsplatz vor: "I am
a messenger / This is my prophecy / I'm goin' back / To the Black Country". "One Last
Soul" beseitigt sodann beim fachkundigen Publikum letzte Zweifel, ob Glenn Hughes live auch
die höchsten Passagen des durchaus fordernden Materials bewältigt - das gelingt ihm
mühelos. Hughes scheint in prächtiger Kondition und Laune: er bespielt den Bühnenrand
in voller Breite, grimassiert und feixt ununterbrochen über seine - trotz Finsterwetter nie weichende -
Sonnenbrille hinweg und kramt sogar drei Brocken Deutsch hervor. "Crossfire" hat eigentlich ein
grundsimples Riff, wird aber in der Live-Version aufgrund von Bonhams differenziertem Spiel rhythmisch
doch interessant. Hughes' Stimme bewegt sich hier näher am Soul als am Hardrock.
Ablösung: "The Battle For Hadrian's Wall" singt Joe Bonamassa und bringt dabei eine hübsche Doppelhalsgitarre an den Start. Sofort ändert sich der Charakter der Musik, wird erdiger. Und auf eine ganz andere Art sexy. Die Ballade "Songs Of Yesterday" macht das noch ein wenig deutlicher: Joe legt alles Gefühl in die hohen Lagen, und nachdem er sich nur ein wenig eingecrooned hat, gehen die wenigen anwesenden Damen mehr in die Knie als Angie Merkels Energiepolitik. Diese Stimme wäre doch zu schade, um "nur" Bluesrock zu shouten… Bis auf die paar jetzt verliebt plierenden Ex-Blondinen sind übrigens wieder fast nur alte Zausel auf dem Kiesplatz. Und mittendrin ein Knabe mit Dreadlocks - ein Vater hat seinen Sprössling mitgebracht. Apropos Dreadlocks: auch Label-Kollege Eric Sardinas, der Interviews in Köln gegeben hat, ist zugegen.
Ein Piano-/Rhodes-Intro leitet über zu "Save Me", das immer noch wie ein Gipfeltreffen zwischen Led Zep ("Kashmir") und Deep Purple Mk. III klingt. "John Henry" sieht wieder Joe am Mikro, der nach einigen Tonmalereien den Ball Sherinian für ein kurzes Solo zupasst, um nach Ballrückgabe mit einem langen, herrlichen Slide-Solo zu punkten. "The Outsider" wird sehr schnell genommen, einschließlich Bonamassas Solo auf Gibson Explorer. Zeit für Derek Sherinians Solopart. Der sticht stilistisch erheblich vom bisher Gebotenen ab, ist aber gerade dadurch fesselnd. Der Meister wechselt im virtuosesten Solieren von E-Gitarren-Sounds (inklusive Tapping-Effekten) über kathedrale Kirchenorgel bis hin zu warmen Analog-Synthesizer-Klängen. "Sister Jane" ist dann leider schon die letzte Nummer, bevor die Schwarzkommunarden um 21 Uhr wieder von der Bühne hasten.
Frenetisches Klatschen lockt sie zum "Man In The Middle" noch einmal hervor, gefolgt von einer wirklich lodernden Fassung von Deep Purples "Burn", bei der Hughes damaliger Gegenpart David Coverdale nicht vermisst wird. Auch dieses Material liegt Sherinian offensichtlich glänzend, Bonamassa (jetzt mit Flying V unterwegs) sowieso. Die Stimmung im Publikum scheint auf dem Höhepunkt. Umso schwerer begreiflich, warum BCC trotz hingebungsvollem Dauerklatschen (und wilder werdendem Pfeifen) nun verschwunden bleiben.