Aktuelle Konzerttipps gibt's jede Woche im Newsletter!
Gesehen! Black Rebel Motorcycle Club / 21.06.2008, Frankfurt, Batschkapp
Ein musikalischer Rausch
Text: Claudio Castello
Einen besseren Bandnamen, das musste
auch Hobby-Großmaul Noel Gallagher zugeben, hatte er noch nie
gehört. Als Oasis gerade den Bach runtergingen, schmückte
Gallagher sich mit dem „Next Big Thing“ und lud den Black
Rebel Motorcycle Club zum Konzert in die Royal Albert Hall. Und
irgendwie passte das, die Rückkehr der Lederjacken, drei junge
dünne Poser, die ihre Frage „Whatever Happened To My
Rock’n’Roll“ in die Rockwelt hinausschleuderten.
Gut sechs Jahre sind seitdem vergangen. Das mittlerweile vierte Album
„Baby 81“ wurde bereits im Frühjahr 2007
veröffentlicht. Trotzdem kamen die Kalifornier im Herbst nur für
läppische drei Konzerte nach Deutschland. Doch jetzt ist der
schmutzige Bluesrock abermals zurückgekehrt, um dem seichten
Indie- und Elektro-Rock elegant in den Arsch zu treten.
Es soll ein heißer Abend werden.
Und das nicht nur im Freien, wo Sonnenstrahlen durch die Baumzweige
auf die Eingangsterrasse der Batschkapp scheinen, um auch den letzten
Schattensucher mit kühlem Bier noch zu erreichen. Im Inneren des
Frankfurter Clubs soll die Temperatur heute Abend noch auf gefühlte
100°C ansteigen, doch dazu später mehr. Es ist noch relativ
früh, als sich die Pforten öffnen. Gegen 18 Uhr ist bereits
Einlass, beginnen soll das Konzert schon eine Stunde später.
Ungewöhnlich, aber verständlich, denn erst einen Tag vorher
hat Black Rebel Motorcycle Club das Southside Festival bespielt, am
Sonntag geht’s weiter zum Hurricane. Ein Zwischenstop also, bei
dem wegen Zeitdruck auch die irische Vorband The Brothers Movement
wegfällt. So betreten BRMC zeitig die Bühne und eröffnen
mit „666 Conducer“ ihre Show.
Von Anfang an ist sie da, die Coolness
und das lässige Understatement. Kein Wort zu viel, keine
hektische Bewegung, stattdessen singt Gitarrist Peter Hayes verrucht
die Zeilen „You’re a 666 conducer, how do you do the
things you do sir“. Es riecht förmlich nach Sünde und
verschwitzten Körpern. Die Hitze im Club tut ihr Übriges:
Selbst Stehen stellt sich als schweißtreibend heraus, so dass
einige das gute Wetter nutzen, um ab und zu mit ihrem kühlen
Bier kurz nach draußen zu verschwinden. Wer nicht mit dem
fahrplanmäßigen Beginn des Konzerts gerechnet hat,
verpasst währenddessen zwei weitere Songs des aktuellen Albums:
„Berlin“ und „Weapon Of Choice“ lösen
den beschwörenden Opener ab und hauen dem Publikum verzerrte
Bluesriffs und dreckigen Garagenrock der härteren Gangart um die
Ohren.
Im Hintergrund sieht man eine junge
Frau an den Drums sitzen, konzentriert, mit schwarzem, weitem Shirt
und kurzen Haaren. Leah Shipova, Teilzeit-Drummerin bei The
Raveonettes und Dead Combo, ersetzt nach der wiederholten Trennung
von Nick Jago selbigen auf der Tour. Dem Zusammenspiel, dem
brachialen Sound oder der Stimmung tur das jedoch keinen Abbruch. Im
Gegenteil, möglicherweise hat dies auch die ruhigeren Nummern
„Salvation“ und die absoluten Perle „Fault Line“
zu Tage gefördert, das Peter Hayes alleine mit Akustikgitarre
und Mundharmonika spielt. Mit Songs wie „Stop“, „Six
Barrel Shotgun“ und „Need Some Air” werden jedoch
auch Anhänger der schnellen und lauten Seite des Trios
ausreichend bedient.
Die Konzertbesucher sind zufrieden,
grölen mit und lassen sich von der Musik treiben. Denn die
Atmosphäre, die sich über die Zeit entwickelt hat, fühlt
sich an wie ein Trip, ein musikalischer Rausch. Über zwei
Stunden dauert er und lässt die Zuhörer wie bei „American
X“ widerstandslos immer tiefer in den Sumpf aus eingängigen
Bassläufen und sphärischen Gitarren eintauchen, bevor einen
der „Punksong“ mit der großen Keule wieder ins Hier
und Jetzt holt.
Das gemischte Publikum, von jung bis
zum bierbäuchigen Mitvierziger, ist durch die Bank weg
begeistert („Das beste Konzert, das ich je erleben durfte,
ehrlich.“). Vier Zugaben gibt es noch, und nach dem letzten
Song „Spread Your Love“ hat sich das Trio den Feierabend
auch mehr als verdient. Und wieder haben Black Rebel Motorcycle Club
bewiesen, warum sie ihre Berechtigung in der wunderbaren Welt des
Rocks haben. Das alte Bild des harten Rockers mit Lederjacke könnte
dabei auf keine andere Band besser passen. Selbst ihr prominenter Fan
Noel Gallagher dürfte sich für sein Posertum eine Scheibe
Coolness abschneiden. Wir warten derweil auf die nächste
Deutschlandtour von BRMC.