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Gesehen! The Brandos / 19.12.2006, Bonn, Harmonie
Geschmacksgrenzgänger
Text / Live-Foto: Klaus Reckert
Er hat sie TATSÄCHLICH an! Auf dem Cover des (vorzüglichen) aktuellen Albums "Over The Border" trägt Brandos-Mastermind
Dave Kincaid auf mehreren Fotos einschließlich des Titel-Composings eine mit aufwändigen Applikationen und dem Brandos-Signet bestickte
Jacke, die der Requisite eines billigen TexMex-Westerns entnommen zu sein scheint. Was beim Rezensenten zunächst als Scherz
angekommen war, bedeutet aber wohl eher das Überschreiten gewisser Geschmacksgrenzen, zumindest was Klamotten angeht. Gottlob blieb es
beim Singen aber bei der altbewährten Qualität und bei einer der erotischsten Gesangsstimmen, die meinereiner bekannt sind.
Bevor aber die Brandos-Modenschau über die Bretter der Harmonie ging, gab es roots-ig klingenden Blues auf akustischer Gitarre und der Bluesharp von Steve
White, der allerdings leider schon kurz vor dem annoncierten Konzertbeginn wieder das White suchte. Zu früh für uns, aber nicht zu früh, um noch
sein "Good Night Germany!" zu vernehmen, gefolgt vom warmen Applaus der Harmonie-Gemeinde.
Dann Auftritt der St(r)ickjacke. Dieses seltsame Teil unterstreicht auf merkwürdige Weise den Eindruck, dass sich Dave Kincaid auf der Bühne von
Mal zu Mal mehr wie ein Tanzmucker bewegt und geriert. Was dem Genuss des Folgenden aber keinerlei Abbruch tat. Das Tour-Line-Up der Brandos rockte
sich durch einen gekonnt gerührten Cocktail aus alten und ganz neuen Feuerwässerchen (vgl. Setlist), wobei wie üblich die folkigen
Akustiknummern wie der Herzensbrecher "Tell Her I Love Her" am intensivsten rüberkamen.
Erstmalig in Deutschland zu Gehör gebracht wurde beispielsweise die gekonnte "Modernisierung" des "Irish Volunteer" von Daves gleichnamigem
Soloalbum zum "New York Volunteer", das Nine Eleven aufgreift und von Dave auf der Mandoline intoniert wird. Besonders positiv auffallend von den neuen
Stücken auch "Triangle Fire", das den Brand einer Hemdenfabrik im Jahr 1911 und Nine Eleven thematisch zu verknüpfen versteht.
Bei "Last Tambourine" bewies - traditionsgemäß - Kraftpaket und Ur-Brandose Ernie Mendillo, dass er auch ein veritabler Sänger ist.
Mit dem ewig schönen "The Light Of Day" ging ein starkes Konzert zu Ende.
Setlist: Fight For Love Pass The Hat The Keeper Turn Away The Only Love I Can Get Anna Leev The Other Side The Solution Walking Home Over The Border Let It Go Tell Her I Love Her The N.Y. Volunteer She's The One Triangle Fire Gunfire At Midnight Ghettysburg I Can't Go Home Warrior's Son Nothing To Fear The Last Tambourine All I Ever Really Wanted The Light Of Day