Der Veranstaltungsort, die Parkbühne, das schrie nach Sommer, Wiese, Schatten und flirrender Hitze - mit der
Musik von Calexico dazu. Stattdessen wurden die Wolken seit dem Nachmittag dicker und dunkler. Aber das war
unwichtig. Diese Band wäre auch bei Schnee und Hagel gefeiert worden. Als die Vorband zu spielen beginnt,
sieht es noch so aus, als könne das Wetter halten und sich auf bedeckten Himmel und den ein oder anderen
Tropfen beschränken. Es ist kühl, aber das macht zumindest das Tanzen leichter.
Goldrush klingen mal wie Nada Surf und häufig wie The Promise Ring, aber nie allzu britisch. Die idyllische
Herkunft Oxford hört man nicht. Vor allem, wenn die Trompete die gefälligen Songs unterstützt, steht
die Verbindung zur Hauptband. Das hier könnte auch aus dem weiten Westen Amerikas kommen. Und sogar das
Merchandising passt dazu: Auf den Goldrush-T-Shirts prangt die altmodische Zeichnung eines Büffels unter
dem geschwungenen Band-Schriftzug. "Ozona" heißt das aktuelle Album, ist nach der Anfangseskapade
als Hoffnung des Majors Virgin auf eigenem Label erschienen und bleibt angenehm auf dem Teppich. Goldrush
stehen jetzt wieder persönlich am Merchandisingstand. Dem Publikum gefällt es sehr gut, viele bleiben
trotz des stärker werdenden Regens vor der Bühne. Und der Veranstaltungsort mit seinen weißen
Arkaden und den hohen Bäumen vor dunklem Himmel ist auch jetzt noch schön. Die Versorgung
der durstigen Gäste ist besser geworden: Die Schlangen an den Getränketresen bleiben erfreulich
kurz. Nur dass ein Moshammer-Doppelgänger für den Toilettengang 50 Cent kassiert, ruft bei rund
27 Euro Eintritt nicht wirklich Verständnis hervor.
Nach kurzer Umbaupause kommen endlich Calexico auf die für sechs Mann und gefühlte 40 Instrumente
viel zu kleine Bühne. Die Leute lösen sich aus dem Schutz des Säulengangs und kommen vor die
Bühne - Regenschirme und Jacken über den Köpfen. Trotzdem wirkt die Musik vom ersten Ton an:
Für Sekunden befindet man sich nicht mehr in Leipzig, sondern irgendwo auf dem heißen Boden eines
staubigen Marktplatzes, vor dessen Brunnen irgendwelche durchreisenden, unbekannten, aber phänomenal
talentierten Musiker ihre Stücke spielen - bis ein besonders dicker Regentropfen auf die Kopfhaut
schlägt und die Halluzination beendet. Einige wenige gehen ab, recken die Arme nach oben und springen
mal mehr, mal weniger im Takt. Die meisten genießen stumm. Das Publikum ist vom jungen Indie-Rocker
bis zur Studiosus-Reisenden erwartungsgemäß gemischt.
Zwei-, dreimal beruhigt sich der Himmel, aber nie bleibt es für mehr als einen Song lang trocken. Aber wenigstens
verschont das Gewitter, das über der nahen Südvorstadt runtergeht, das Konzert. "Crystal Frontier"
wird bejubelt, "All Systems Red" kennen noch nicht so viele. Aber der Applaus ist nach jedem Song, nach
jedem instrumentalen Kunststückchen groß. Manchmal muss es Punkrock sein, aber das hier sind die eigentlichen
Künstler. Am T-Shirt-Stand wippen die Jungs von Goldrush im Rhythmus der Calexico-Balladen. Es ist nicht mehr
und nicht weniger als einfach schön.
Schon kurz nach 22 Uhr endet nach einem Zugabeteil das Konzert - etwas abrupt und ohne "Service And Repair"
und andere beliebte Songs. Das hat wohl Anwohnergründe. Schade, man hätte gerne noch ein halbes Stündchen
länger den Regen vergessen, bevor man den Heimweg über die schlammigen Wege des Parks antritt. Gut
jedenfalls, dass es Calexico waren, die hier gespielt haben - bei, sagen wir mal, Björk hätte man mehr gefroren.