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Gesehen! Deadbeat / 18.08.2006, Berlin, Club Josef
Back to the Rrrroots
Text: Claudia Hirschberger
Für Freunde des Elektro-Dub war es ein Lokaltermin der besonderen Art: Im Rahmen
eines groovy Line-Ups der Extraklasse beehrte der Kanadier Scott Monteith aka Deadbeat
mit einem Live-Auftritt die Stadt und zelebrierte als Meister des ins Moderne gewendeten
Oldschool-Feelings seine großartige Mixtur aus Magen füllenden
Basslinien, klugen elektronischen Spielereien und einschmeichelnden
Ambient-Teppichen.
Tatsächlich ist
Scott Monteith - besser bekannt unter dem Namen Deadbeat - einer der
ersten Elektro-Tüftler, die das berühmt berüchtigte
Canada-Germany-Interface angeschoben und mitgestaltet haben. Der
hiesigen Fangemeinde kanadischer Elektronika ist er daher seit Jahren
wohl bekannt, und so ist das Josef Freitag Nacht auch gut gefüllt
mit einer ebenso schaulustigen wie tanzfreudigen Menge. Gleich mit
den ersten elektronisch filigran umspielten Dub-Sounds, die
schneisenbreit aus dem Laptop tropfen, trifft Monteith den groovenden
Nerv, und innerhalb von Minuten haben alle den miesen
Doch-Nicht-Mehr-Sommer da draußen vergessen. Das hier ist fett.
Kein modisches Einsprengsel von Jamaica-Hall ins elektronische
Grundmuster, kein verzärteltetes Dub-Zitat im ansonsten
sorgfältig und unterkühlt gewundenen
Clicks&Cuts-Sträußchen, wie man es hier und da schon
gehört hat. Monteith ist da konsequenter, und als unüberhörbarer
Fan des Fachs bringt er besonders in der zweiten Hälfte seines
Gigs das volle, runde Grundgefühl des Dubs in seinen Sound
hinein, schwer, chillig und satt. Was nicht heißt, dass
Monteith die Kunst der fein versponnenen experimentellen Sounds nicht
ebenfalls beherrschen würde. Auf Platte ist das besser zu hören
als auf dem Dancefloor, die beeindruckenden Basslinien schlucken die
eine oder andere hübsche kleine Knöpfchen- und
Tasten-Spielerei, aber das macht hier und heute gar nichts.
Ursprünglich wie seine Landsleute Akufen oder Mike Shannon in den Gefilden
experimenteller elektronischer Musik unterwegs, bespielt Monteith
spätestens seit seinem 2005 beim Elektrodub-Spezialisten ~scape
erschienenen Release „New World Observer“ inzwischen gern
und ausgiebig das gehobene Entertainment-Fach. Das ist keinesfalls
von Nachteil, lenkt es doch das Experiment mit einer deutlichen
Orientierung an Song-Strukturen auf den Dancefloor zurück, und
da gehört diese Musik auch hin. Und so begrüßt das
groovende Publikum auch enthusiastisch die wohl bekannten
Observer-Gassenhauer, die mit leichtfüßigen
TripHop-Einlagen und verwehten Gesangspassagen vor groovend rollender
Soundkulisse heiter-melancholische Gelassenheit verbreiten. Aber auch
auf neueres Material, das irgendwie treibender, bassgesättigter
und im positiven Sinne dreckiger als die Observer-Arrangements daher
kommt, wird hör- und sichtbar wohlwollend reagiert. Am Ende ist
man des Jubels voll, so sehr, dass der schon bereitstehende Kollege
Phon.o nochmal vom Plattenteller zurück tritt und Monteith für
eine Zugabe das Feld überlässt. Großartig.
Auch das übrige Lineup des Abend kann sich selbstredend sehen lassen und versprüht
mit einem illustren Aufgebot sommerliches Tanzvergnügen: Neben
Dub-Frickler Daniel Meteo und dem Shitkatapult-Enthusiasten Phon.o
gibt sich auch Philip Sherburne mit einer geschmeidigen
Microhouse-Einlage die Ehre. Womit dann mal wieder alles beisammen
war, was sich in Berliner Elektrokreisen die Klinke in die Hand gibt.
Sehr schöner Abend, danke Josef.