Eine Meute euphorischer, teils halbnackter Menschen feiert frenetisch und krakelt sich die Seele aus dem Leib. Verschwitzte Mädels, denen die Shirts am Körper kleben, taumeln erschöpft im Gedränge und schreien, sie wollen Babys vom Teufel. Was hier los ist? Die Eagles Of Death Metal sind zurück! Das bedeutet Rock'n'Roll-Party vom Feinsten mit Tight Pants und Cheap Thrills, vor allem aber High Voltage in der Essigfabrik. Zugegeben, die Versuchung sich den Konzertbericht über in Titeln und Songzitaten der immer wieder überzeugenden Trash-Rocker aus der Wüste zu ergehen, ist nicht gerade klein. Aber warum auch nicht? Die Nacht gehört schließlich Jesse Hughes, neben Josh Homme kreativer Schöpfer der EODM, Scherzvogel, Frauenheld und Rampensau aus Leidenschaft und Überzeugung. Was kann da schon schief laufen?
Die Antwort: Gar nichts! Im Gegenteil: "on top" gibt es auch noch das belgische Duo The Black Box Revelation als Anheizer. Und wen diese blutjunge Combo ("I've gotta feeling you're just 19") nicht beeindruckt, muss wohl taub sein. Los geht's mit "Love, Love Is On My Mind": Bluesrock, schmutzig und druckvoll, der eingängig ist und sowas von reinhaut, haben die meisten Besucher wohl nicht erwartet. Das bekommt man leider immer wieder mit. Denn obwohl nach jedem Song, egal ob schnell mit ordentlich Wumms oder lässig mit eingängigem Groove, lautstark applaudiert wird, kommt nur wenig Bewegung in das Publikum. Schade, denn die häufige Fragerei ("Alter, wer ist das?", "Wie hieß die Vorband nochmal?") zeigt, dass es nicht an Begeisterung mangelt, sondern an Bekanntheit. Nicht mehr lange, wie der heutige Abend hoffen lässt.
Nachdem das Duo die Menge gut 40 Minuten beschallen darf, ist es Zeit für The Devil himself und sein Gefolge. Eindeutige Indizien: Es wird Platz für den weinroten Samt-Amp gemacht, und ein schwarzer BH ziert die Bass-Drum. Gegen halb 10 ist es dann soweit. Unter dröhnenden HipHop-Beats treten die Eagles Of Death Metal auf die Bühne. Mit dabei: Queens Of The Stone Age-Drummer Joey Castillo. Jesse Hughes tänzelt hüftschwingend zum Mikro, grinst, begrüßt das Publikum. Schnell noch der Schnauzer gezupft, Beine weit auseinander und schon ist es Zeit, mit dem ersten Song Poser-Statements abzugeben: "I'm not really interested in what's in your heart / I don't want you to fall in love now, so please don't start / I Only Want You". Der Herr redet nicht lange um den heißen Brei. Und bedient dabei, zur Freude der Besucher, immer wieder diverse Rocker-Klischees. Die Pornobrille wird rausgeholt, Hüften werden geschwungen, Gläser mit Alkohol auf ex gelehrt, Luftküsse verteilt, Haare mit dem Kamm zurückgestrichen. "Are you ready for Rock'n'Roll?", fragt er. Die Menge tobt.
Nach zwei weiteren Songs kommt mit "Heart On" die erste Nummer vom gleichnamigen, neuen Album. Nicht nur der bullige Castillo, der in gewohnter Manier kräftig Felle haut und Becken peitscht, verweist auf die Queens Of The Stone Age. Auch am Gesang, etwa den langen "Make believe"s von "Heart On" hört man an, dass Josh Homme diesmal nicht nur in der Produktion, sondern auch beim Songwriting verstärkt die Finger im Spiel hatte. Abwechslungsreicher klingt das neue Material, zudem gibt's weniger offensichtlich sexuelle Metaphorik, möchte man fast meinen. So auch im anschließenden, neuen "Now I'm A Fool" oder dem wenige Lieder späteren "Anything 'Cept The Truth". Sind das erste Altersspuren? Wird Mr. Hughes Lyrik mit dem Alter etwa brav? Mitnichten, schließlich gibt es genug eindeutig Zweideutiges wie "I'm Your Torpedo". "Make some room for daddy / ‘cause we gonna make a landing tonight", befiehlt er da. Kurz nach 11 dann die ersten Zugaben: Jesse spielt solo mit Semi-Akustikgitarre "Midnight Creeper" - wunderbar. Besonders schön übrigens auch die heutigen Cover: Neben "Stuck In The Metal/Middle With You" wird zu "Brown Sugar" getobt und mitgesungen.
Der zweite, schweißtreibende Zugabenteil, wieder mit Band, Springen, Gegröhle und Kinderwünschen bringt die Stimmung dann zum Siedepunkt. Es scheint, als würde jeder mitgerissen von der Show, bei der Jesse seine Rolle als Rampensau und Rock-Stereotype immer wieder perfekt ausfüllt. Von Inszenierung möchte man gar nicht sprechen, dafür wirkt es zu herzlich und witzig. So als ob er selbst zu viel Spaß daran hat, um alles nur der Parodie und Ironie Willen zu spielen (bildet man sich wenigstens ein). Kurz vor 11 ist leider Schluss, doch "Cherry Cola", die neue Single "Wanna Be In L.A." und der All-Time-Favorite und Finalsong "Speaking In Tongues" dürften auch jeden noch so großen Eagles Of Death Metal-Fan verschwitzt, betrunken und glücklich in die Nacht entlassen haben.