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Schön, dass es in der so schnelllebigen Rock-Szene noch echte Überraschungen zu erleben gibt, gerade auch, wenn deren
Protogonisten schon längst zu lebenden Legenden geworden sind. Die unvergleichliche Psychedelic-Band Gong ist
solch ein Fossil mit ihrem unverkennbar eigenwilligen Space-Jazz-Sound. Pünktlich zum 40.
Bühnenjubiläum dockt das Raumschiff Gong in der bestens gefüllten Bonner Harmonie
an. Dessen Kernbesatzung hatte zuletzt in den 70er Jahren zusammen musiziert: dass Gitarrist Steve Hillage
nun wieder dabei ist, der die Band 1975 verlassen hatte, ist eine echte Sensation.
Im politisch bewegten Frankreich des Jahres 1968 gründete der Australier Daevid Allen und seine damalige Frau Gilli Smyth die Canterbury-Szeneband Gong. Der Name leitet sich von Allens Vision eines Kontaktes des Planeten Gong mit der Erde im Jahre 2032 ab. Geprägt durch enorm viele personelle Wechsel in ihrer bewegten Bandgeschichte wandelt sich auch der musikalische Stil vom frühen Progrock, über Fusionmusik und Jazzrock, hin zum Spacerock in ihrer kreativsten Zeit von 1973-1975. Aus dieser Epoche stammt auch die klassische Bandbesetzung in der Gitarrist Steve Hillage gemeinsam mit Partnerin Miquette Giraudy (Synth) der Gongmusik eine überaus kosmische Note verlieh. Die in dieser Zeit auf dem Virgin-Label aufgenommenen drei Alben der "Radio Gnome Triologie" gelten bei den Fans noch heute als die musikalisch besten und vielseitigsten der Gruppe und zeugen mit fliegenden Teekannen, magischen Ohrringen und bierseligen Yogis vom skurrilen Humor der Band.
Mittlerweile mit Brille, kurzem Haar und ohne Hippiebart entert pünktlich um 19.30 Uhr Ausnahmegitarrist Steve Hillage mit Miquette Giraudy (Synth), Chris Taylor (Drums) und Mike Howlett (Bass) die Bühne. Mit enormer Spielfreude, schräg-schrillen Synthesizersequenzen und den unvergleichlich futuristischen Gitarrenloopings des Maestros arbeitet sich die Band durch die bekanntesten Stücke seiner Solo-Erfolgsalben "Fish Rising" (1975), "L" (1976) und "Motivation Radio" (1977). Ellenlang ausufernde Echo-Gitarrenriffs, getragen von druckvollem Drumspiel, trockenem Bass, betörenden Synthesizerklängen und schrillen Filmsequenzen animieren manche der zahlreichen begeisterten Fans zu Luftgitarrenspielen. Keine Frage, Steve Hillage lässt seine alten Stücke live so perfekt und frisch erklingen, als hätte er sie erst gestern eingespielt.
Nach kurzer Verschnaufpause ist es dann Zeit für das Mutterschiff Gong mit seinen sieben Besatzungsmitgliedern. Neben den Mitgliedern der Steve Hillage Band, die quasi ihr eigenes Vorprogramm gespielt haben, stehen Theo Travis an Saxophon und Flöten, dazu im weißen Zauberkostüm Sänger, Gitarrist und Bandgründer Daevid Allen sowie seine kongeniale "Wisperstimmen"-Partnerin Gilli Smyth auf der Kommandobrücke.
Mit dunkelblauem Spitzhut und hellem Umhang, den halblangen weißen Haaren, Spitzbart und seinen merkwürdigen Bewegungen erinnert der 71-jährige schlanke Daevid Allen an Catweazel, den Zauberer aus den 70er-Jahre-Kinderfilmen. Wie vom Energieblitz getroffen, tanzt er plötzlich in bester Iggy Pop-Manier über die Bühne und singt mit lauter klarer Stimme kraftvolle Botschaften der Gong-Bewohner in die Dunkelheit. Vollkommen stimmig steigt nun mit in höchsten Tonlagen gestöhnten "Ahs" und "Uhs" und diversen Zischlauten die 76-jährige Gilli Smyth mit ihrem "Space Whisper" ins Konzert ein. Die charmante Grand Dame der Band schlüpft in die Rolle einer erzählenden Hexe, die Botschaften vom Planeten Gong in den Weltraum sendet, und wirkt dabei wie die gute Seele von Gong.
Jene groovigen Momente, in denen Daevid Allen lustvoll im Duett mit dem verzückt grinsenden Steve Hillage seine Gitarre mit verzerrten Loopings quält, sind schon allein den Konzertbesuch wert. So brodelt das Soundgebräu von Gong im perfekt ausgesteuerten Quadrosound dahin, untermalt von Lichtzerhackereffekten und fliegenden grünen Teepötten mit Comicmännchen im Cockpit auf großer Leinwand. Dem Besucher fehlen eigentlich nur noch die entsprechenden Substanzen, um den skurrilen Trip in ferne Galaxien zu einem vollkommenen Erlebnis werden zu lassen. Im Verlauf des gut zweistündigen Gigs bieten Gong in Hochform vieles aus den Glanzzeiten der Band.
Doch auch Stücke des brandneuen Albums "2032", die makellos an Sound und Botschaften der Frühzeit anknüpfen, kommen bei den Fans hervorragend an. Ein geniales und einzigartiges Konzerterlebnis!