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Gesehen! International Jazz Night @ 13. Hildener Jazztage / 24.05.08, Hilden, Stadthalle
The Drummer is a Woman
Text: Carlo G. Reßler
Ganz dem Motto "Women in Jazz" waren die Hildener Jazztage in diesem Jahr
gewidmet. Da Frauen im Jazz leider noch immer unterrepräsentiert sind, ein
etwas schwieriges Unterfangen. Trotzdem gelang es dem Veranstalter, herausragende
Künstlerinnen zu verpflichten. Honoriert wurde die überzeugende "Frauenpower"
vom begeisterten Publikum mit vollen Spielstätten, so auch bei der "International Jazz Night"
in der fast ausverkauften Hildener Stadthalle am Samstagabend.
Marilyn Mazur Trio
Sehr unterschiedliche Stile wurden diesmal im Rahmen der International Jazz Night von den
drei auftretenden Ensembles präsentiert, dem Trio der dänischen Percussion-Ikone
Marilyn Mazur, der Band um die smarte schwedische Sängerin Rigmor
Gustafsson und dem Quartett der US-Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington.
Hierbei entpuppte sich jedes Konzert als außergewöhnliches
Klangerlebnis, jeder Auftritt hätte "Top Act" des Abends sein können.
Unter tosendem Applaus kam zu Beginn Marilyn Mazur mit dem norwegischen Vokalisten und Trompeter
Per Jörgensen sowie dem Bassisten Anders Jormin auf die Bühne. Die stets gute
Laune versprühende Dänin, die einst schon Miles Davis live begleitete, zelebrierte
ein buntes Kaleidoskop selten gehörter Rhythmen. Dabei blieb sie nie lange an einem
Platz, sondern wechselte zwischen Flügel, Gongs, Rasseln und ihrem Drumset hin und her.
Zwischendurch überraschte sie mit Vokaleinlagen und, am Boden sitzend, mit meditativem
Spiel der seltsam hohl tönenden afrikanischen Udu-Trommel. Viele Einwohner Nigerias
glauben in diesem magisch klingenden Tongefäß die Stimmen ihrer Vorfahren
zu hören. Bei Marilyn Mazurs Spiel klang es eher nach einem Ritt hinaus in die
weite Steppe. Passend hierzu der soulige Gesang von Per Jörgensen, dessen Stimmhöhe
erstaunlich weiblich anmutete.
Einen völlig anderen Klangteppich rollte im nächsten Konzert Sängerin Rigmor
Gustafsson aus. "Alone With You" heißt ihr neues Programm, welches
ausschließlich aus bluesgefärbten Eigenkompositionen besteht. Den Pop ihrer
früheren Werke hat sie anscheinend hinter sich gelassen und überzeugte in
Hilden mit ihrer tief berührenden Stimme. Ein ganz eigener Musikkosmos, gefühlvoll
untermalt von den melodiösen Jazz-Improvisationen ihrer Begleitband um den Bassisten
Lars Danielsson.
Beim dritten Auftritt des Abends waren gleich drei Frauen beteiligt, die zur absoluten Spitze des Modern Jazz zählen.
Die niederländische Altsaxophonistin Tineke Postma, die US-Pianistin und Keyboarderin Geri Allen sowie die
amerikanische Bandleaderin, Drummerin und Komponistin Terri Lyne Carrington, die schon seit ihrem siebten Lebensjahr
Schlagzeug spielt. Viele, scheinbar spontane und facettenreiche Improvisationen, besonders von der hochkonzentrierten
Geri Allen an den Tasten, lösten während des Konzertes immer wieder Spontanapplaus im Saal aus.
Dazu bereicherten einprägsame Saxophonsoli der jungen Tineke Postma den Sound. Basis für das brodelnde Live-Erlebnis:
die stets treibenden, kraftvollen Rhythmen von Schlagwerkerin Terri Lyne, die ihr einzigartiges Drum-Spiel
gefühlvoll in den Gesamtsound der Band einbettete.
Im Jazz gibt es nur wenige berühmte Schlagzeugerinnen, an diesem Abend kamen gleich zwei ganz unterschiedliche
Meisterinnen ihrer Zunft in die Hildener Stadthalle. "The Drum is a Woman": einst prägte Duke Ellington
diesen berühmten Satz. Für die einzigartige Frauenpower in dieser Jazz Night stimmig abgewandelt, könnte
das Motto treffender heißen: "The Drummer is a Woman". Denn am Ende klingt ein Instrument nur so gut,
wie frau es zu spielen vermag.