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Gesehen! Pixies, Kraftklub, Broilers @ Hurricane Festival / 21.6.2014, Scheeßel
Alle Jahre wieder
Text: Mathias Frank Live-Fotos: Rainer Keuenhof, Christoph Eisenmenger
Zum Vergrößern der Fotos bitte auf die Bilder klicken!
Verschätzt. Verbucht. Falsch platziert. Anders kann man die Situation nicht
beschreiben, an diesem Samstagnachmittag auf dem Hurricane Festival.
Was ist los: Die Pixies spielen zeitgleich zu Bosse, die Bühnen
sind nicht weit entfernt, aber im Grunde stören sie sich nicht.
Im Grunde. Denn bei Bosse ist es so voll, dass die hinteren Reihen
von der Seite das volle Programm Pixies abbekommen. Und das geht gar
nicht, das bringt die Ohren zum Bluten. Und das Herz auch. Denn die
Pixies-Fans werden nicht gestört. Sind nämlich kaum welche
da. Was ein Skandal.
Es ist der zweite Tag des Festivals, es
ist eine Menge los. Die Pixies, eine Legende, Indie-Ikonen und
eigentlich eine sichere Bank haben nicht nur Bosse gegen sich. Das
WM-Spiel Deutschland gegen Ghana steht an und auf der dritten, der
größten Open-Air-Bühne machen sich auch noch
Kraftklub und damit eine der gerade heißesten Bands des Landes
bereit. Da sichern sich viele die Plätze, da verzichten sie
gerne auf „Where Is My Mind“. Aber so ist das auf einem
Riesen-Festival wie diesem. Alle Jahre wieder werden Kompromisse
gemacht, Bands verpasst und Neues entdeckt. Und Altes genossen. Wie
die Pixies.
Die haben zwar keine Kim Deal mehr an Bord, dafür aber das einfach
mal grandiose neue Pixies-Album „Indie Cindy“. Und vermischen
ein paar Lieder von diesem - „Bagboy“, „Magdalen
318“, „Greens And Blues“ - mit vielen Songs von
früher, mit dem bösen „Crackity Jones“, mit
„U-Mass“ vom „Trombe Le Monde“-Meisterwerk,
mit dem 25 Jahren alten „Here Comes Your Man“ und
natürlich „Where Is My Mind“. Und das alles spielen
sie mit einer Leidenschaft und Intensität, die schon fast in
Trotz übergeht. Jetzt erst recht, jetzt machen wir sie platt.
Und das waren die, die sich das Ding angeguckt haben, auch. Pixies
statt Poldi, eine gute Entscheidung.
Ebenso gut, wie sich Kraftklub anzuschauen. Die beginnen im maskierten „In
Schwarz“-Outfit, zünden den Nebel und zocken das neue
„Hand in Hand“. Und verdammt, das ist gut. Das neue Album
kommt am 12. September. Wenn die anderen Lieder nur halb so gut
sind, wenn die Band nur halb so motiviert ist, dann wird das ein
Kracher-Ding. Heute aber blicken Kraftklub erst mal zurück, das
Set besteht zum größten Teil aus Songs vom „Mit
K“-Album, die Hände des dazugehörigen Covers stehen
dick und fett auf der Bühne. Und die Leute feiern
„Ritalin/Medikinet“, „Melancholie“,
„Scheissindiedisko“ oder „Karl-Marx-Stadt“
ab, ebenso Sachen wie „Randale“ von der „Adonis
Maximus“-EP - und auch (nach einiger Verwirrung) den
K.I.Z.-Besuch auf der Bühne.
Dann waren noch die
Broilers. Freunde des Hauses quasi, die wir uns schon öfter live
angeschaut haben und die uns noch nie enttäuschten. Und auch in
Scheeßel taten sie das nicht. Noch bevor Kraftklub später
ihre Show abzogen, machten die Broilers klar, dass es sie sein
werden, die in den kommenden Jahren hier den Headliner machen.
Zu mitreißend und aufregend sind ihre Lieder, zu wild und
hemmungslos kann man sie auf der einen Seite abfeiern, zu lange und
intensiv kann man sie auf der anderen Seite hören, fühlen,
sie verstehen. Und zu charismatisch ist Sammy auf der Bühne, zu
toll einfach die ganze Band, die wieder mit Bläsern am Start
war. Auch wenn manch alter Schinken wie der guten Paul fehlte: es
wurde eine formidable Setlist gespielt, Liebhaber-Lieder wie „Zurück
zum Beton“, „33 rpm“ oder „Cigarettes &
Whiskey“, die großen Hymnen wie „Tanzt du noch
einmal mit mir“, „Harter Weg“ und natürlich
„Meine Sache“ und neue „Noir“-Sachen wie „Ist
da jemand?“, „Zurück in schwarz“ oder das
beeindruckende „Nur nach vorne gehen“. Oder in kurz: 60
Minuten nur Hits. Und sicher das letzte Mal unter der hellen Sonne
Scheeßels ...