Freitag, der 13. Manche Bands würden sich an so einem Tag weigern, die Bühne zu betreten. Erst recht,
wenn man im Nachhinein Geschichten wie jene von LL Cool J hört, der just an diesem dem Aberglauben gewidmeten
Datum mit geöffnetem Hosentürchen die Bühne der Londoner Brixton Academy stürmte. Und dabei
für einen kurzen, peinlichen Moment nicht etwa den Blick auf einen mit Hoppelhäschen bedruckten
Baumwollschlüpfer freigab, sondern die Sicht auf seine freischwingende Männlichkeit.
Aber das ist nun mal Swinging London. Und München ist München. Und hier fand am gleichen Tag, zur
selben Zeit, eine Art Battle of the Bands statt. Placebo mit den großartigen She Wants Revenge in der
Olympiahalle, Johnossi im Atomic Café. Wer im wo? Und da haben's wir auch schon, das "Freitag, der
13."-Dilemma: Können zwei kaum bekannte Schweden im normalerweise überfülltesten
Indie-Wohnzimmer der Stadt anstinken gegen einen etablierten Ohrwurm-Createur und dessen nicht minder
begabte Vorgruppe? Kurze Antwort vorweg: Ja.
Zwar gab es eine knappe Woche vor dem augenscheinlichen Außenseiterkonzert noch annähernd 200 Karten
im Vorverkauf, doch am Abend selbst herrschte das gleiche Gedränge wie sonst immer im Atomic.
Im Gegenzug für die entgegen gebrachten Sympathien und die gleichzeitige Widerlegung der Aberglaubentheorie
spielten John Engelbert und Oskar "Ossi" Bonde, als müsse man sie bis nach London hören.
Oder auch nur bis auf das Olympiagelände.
Verwunderlich dabei: Das kraftstrotzende Blues-Rock-Gewitter, das die Gehörgänge etwas mehr als eine Stunde
lang erschütterte, zauberten die beiden Sandkastenfreunde aus einer Akustikgitarre und einem Schlagzeug.
Ein paar Effektboxen dazu, und das war's. Scheinbar. Denn abseits der Bühne gab es noch einen unsichtbaren
Dritten. Und der bediente sein Mischpult, als habe er seine Brötchen früher bei AC/DC verdient. Taub
dürfte er jedenfalls gewesen sein. Oder gestört.
Mit der Zeit bohrte sich dann auch die Vermutung ins Hirn, dass "Man Must Dance", ein Smash-Hit, der
diesen Namen auch verdient, eine Ode an den Mann im Hintergrund ist: "You like to do it as a child on your own
/ you're in the jungle and the monkeys take your mind from your home / How many times do they have to tell
you that it's perfectly fine..."
Aber egal. All seinen überambitionierten Regelschiebereien zum Trotz lieferten die beiden
Bühnenprotagonisten ein gutes dreckiges Dutzend erdigen Schwedenrocks ab. Dessen mitreißende Qualität
man tatsächlich bis auf das Olympiagelände gehört haben muss. Zumindest drückte sich nach
Konzertende Stefan Olsdal, gebürtiger Schwede und nebenbei Bassist von Placebo, am Rande der mittlerweile
zur Konserve tanzenden Menge herum. Man must dance. So ist das nun mal.