Das funktioniert sogar wie's Tier! Die Veranstalter vom Jugendzentrum Andernach
hatten hoch gezielt und voll getroffen. Denn es gelang ihnen, ein Spitzen-Lineup
für dieses Festival und somit auch eine mehr als ordentliche Besucherzahl
von in Spitzenzeiten geschätzten ca. 900 Metalheads zu interessieren. Das
vom offiziellen Beginn an sich in Trüppchen fast bis ganz zum Schluss sich
noch vermehrende Publikum dankte es ihnen, indem sie bei den stets wiederkehrenden
Regengüssen, die teils wie aus umgekippten Schweinetränken auf sie einhämmerten,
nur um so mehr Party machten und bei der Stange bzw. vor der kleinen Bühne
auf der Rückseite des JUZ-Gebäudes blieben. And size does NOT always
matter: beispielsweise der Fotograben vor der True Metal Stage in Wacken hat vermutlich
ähnlich viele Quadratmeter wie Bühne und eigentlicher Publikumsbereich
des JUZ zusammen, aber auch das hat ganz offensichtlich an diesem Samstag keinen
gestört - auch die in dieser Hinsicht ja durchaus verwöhnten Stars nicht.
Tatsächlich handelt es sich sogar um ein ausgesprochen schönes Festivalgelände:
umgeben von wogenden Getreidefeldern kann man (wenn es grad nicht wie aus Feuerspritzen
ins Gesicht hagelt) einen wunderbaren Blick über fast unverbaute Natur in
Rheinnähe genießen, die Infrastruktur (Parkplätze, Würstlbuden,
Klos und andere unverzichtbare Nebensachen) funktionierten auch den Umständen
entsprechend prima - und so steht zu wünschen, dass Organisator Dieter und
sein Team dieses Top-Event bald erneut auflegen werden.
Den in diesem Fall schon wegen des Befüllungsgrades des Geländes etwas
undankbaren Anfang machten nach einer der ersten oben angedeuteten Futtertrogberegnungen
und pünktlich ab 16:45 Uhr die NuMetal-Hoffnung 10 Fold B-Low, mit deren
auch als Musikschreiber (www.myownmusic.de)
und Roadie enorm rührigen Gitarristen Dirk wir vor dem Auftritt ein unverhofftes Schwätzchen halten konnten. Ihre
tiefstgestimmten Hardcore- meets-Death-Metal-Ausbrüche verstörten zwar
einige der für eher traditionelle bis altbackene Kapellen angereisten Früherschienenen
zunächst etwas. Tatsache aber ist auch, dass sich der Eindruck von Stück
zu Stück beständig verbesserte und Nummern wie "Burning" und
vor allem "Pain In Progress" zum Schluss mit seinen komplexen Rhythmuswechseln
und Verlangsamungen entschieden Lust auf mehr machten. Außerdem kamen die
Jungs um den noch enorm jung aussehenden, aber furchteinflössend growlenden
und shoutenden Sänger Thomas einfach total sympathisch rüber, heizten
für die Folgebands ein und interessierten sich generell für die Meinung
ihres Publikums, besonders, warum und für wen diese anwesend sind.
Nicht ganz wenige aus der Region hätten diese Frage wohl mit "Perzonal
War" beantwortet, jener Spitzenformation aus Siegburg nahe Bonn, die gerade
mit "Faces" ein enorm vielversprechendes Album, mit "My Secret"
ein mordsgutes (aber noch größerem Airplay harrendes) in Spielfilmqualität
gedrehtes Video am Start haben. Und dazu noch soeben eine große Tournee
mit Blaze und Circle II Circle erfolgreich absolvierten. Tatsächlich war
dies der letzte Tag der Tour in dieser Kombination, wie Drummer Martin noch zu
spüren bekam. Vor diesen Ausschreitungen jedoch gab es noch vom aktuellen
Album u.a. besagte, sehr eingängige Nummer "My Secret", "Devil
In My Neck" (live ein unglaubliches Stahlgewitter..), oder vom nicht minder
beeindruckenden, vielleicht sogar noch etwas gradlinigeren Vorgänger "Different
But The Same", "Open My World" sowie den Rausschmeißer "Bleeding"
um die Ohren. Aufgrund der Gepflogenheiten beim letzten Gig einer Tour wurde Martin
während dieses letzten Stückes sein Kit buchstäblich unter dem
Hintern weggebaut, ohne dass dies diesen Powerdrummer, der übrigens derzeit
auch den Live-Drummer bei allen Squealer-Konzerten abgibt, im Geringsten beeindruckt
hätte. Insgesamt ein hervorragender, enorm professioneller Auftritt in der
Tradition früher Metallica. Dass der wunderbare Hintergrundgesang von Sänger/Gitarrist
Metti live nicht wirklich reproduzierbar ist, trübte die Freude dabei nicht
im Geringsten.
Nach einer auffallend flotten Umbaupause hieß es nun Bühne frei für
Blaze, die Formation des ehemaligen Iron Maiden-Raukehlchens Blaze Bailey. Dieser
ließ das Publikum gerne wissen, dass man ja gerade vom (gigantischen) „Bang
Your Head“-Festival komme, aber dennoch den letzten Tourtag mit ihnen genieße.
Der massenkompatible 80er-Jahre-Hardrock mit Songs wie "The Edge", "Ten
Seconds" oder "Blood And Belief" kam verhältnismäßig
gut, wenn auch wenig aufregend über die Rampe.
Doch nun zum geheimen Headliner: Circle II Circle, die Band des Ex-Savatage-Sängers
Zak Stevens, hatte schon beim letztjährigen W:O:A für spontane, langanhaltende
Glücksgefühle sorgen können. Unklar war, ob sie dies erneut hinbekommen
würden, um so mehr, als sich die Band bis auf Chef Zak unterdes einmal komplett
erneuert hatte. Doch die besonders positive, gänzlich uneingebildete Art
des Ausnahmeshouters und Songs wie das von Obersavatage Jon Oliva mitgeschriebene
"The Circle", "Watching In Silence", "Forgiven"
oder "Sea Of White" begeisterten auch in dieser Besetzung vollkommen.
Abermals gab es einen Part mit Savatage-Nummern - und danach beim Publikum kein
Halten mehr. "One Child" von "Dead Winter Dead" und "Turns
To Me" von "The Search Of Magellan" - vielleicht die schönste,
schmerzlichste Savatage-Ballade überhaupt - hat man wohl selten besser gehört.
Der offensichtlich über das ausrastende Publikum hoch erfreute Barde ließ
nachladen und sogar noch das steinalte "Taunting Cobras" sowie die Songlegende
"Edge Of Thorns" abfeuern. Als Dankeschön ans Publikum wurde dann
mit "All That Remains" sogar noch ein Stück des kommenden neuen
Albums erprobt. Den Abschluss dieses denkwürdigen Auftritts bildete die Sav-Überhymne
"Follow Me", abermals von "Dead Winter Dead".
Nach diesem Höhepunkt schwenkten Rose Tattoo die musikalische Richtung in
Richtung Schweinerock australischer Prägung. Nach Erneuerung des Schocks
darüber, WIE klein Sänger Angry Anderson - eine Art menschliches Megaphon
- doch wirklich ist, konnte man stets etwas an AC/DC erinnernde Dirt'n’Boogie-Nummern
wie "One Of The Boys", "Nice Boys (Don't Play Rock'n Roll)"
oder das Angrys gewerkschaftlich arbeitendem Bruder gewidmete "Union Man"
genießen. Rob Riley sieht übrigens inzwischen fast aus wie der Indianer
aus "One Flew Over The Cuckoo's Nest" und dürfte in der Disziplin
"so stoisch wie hackenbreit gleichzeitig Kaugummikauen, Gitarrespielen und
sich vom Roadie den widerspenstigen Gitarrengurt fixen lassen" unangefochtener
Weltmeister sein. Etwas mehr Raffinesse erhalten viele der simpel gestrickten
Songs vor allem durch Pete Wells heulende Slide-Gitarrenlinien.
Nach weiteren mehrfachen Wolkenbrüchen, Aufklarungen, einem doppelten (!)
Regenbogen und wunderschönem Sonnenuntergang über den umgebenden Feldern
war es nun füglich Zeit für den Headliner Saxon, der am selben Tag auch
das Düsseldorfer Festival des Motorradausstatters Polo gespielt hatte. Hier
aber gefalle es ihnen noch besser, verkündete Biff den dies gern hörenden
tropfenden Massen und ließ neben seinen legendären Pfiffen auch eine
Vollbedienung aus u.a. "Heavy Metal Thunder", "Dogs Of War",
"20.000 Ft.", "The Eagle Has Landed", dem heute besonders
gelungenen "Strong Arm Of The Law" oder "Conquistador" inklusive
vorzüglichen Drum-Solos von Fritz Randow auf Andernach los. Come Hell or
High Water - das hatte sich rundum gelohnt!
Links:
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