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Gesehen! 10 Fold B-Low, Perzonal War, Blaze, Circle II Circle, Rose Tattoo, Saxon / 03.07.2004, JUZ Andernach Open Air

Come Hell or High Water

Text: Klaus Reckert     Fotos: Stephan Kunze

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Kann das funktionieren? Man nehme einen noch nicht unbedingt legendär (jedenfalls nicht für große Open-Air-Festivals) zu nennenden Austragungsort in der rheinland-pfälzischen Pampa, dazu einen Termin, bei dem man sich in direkte Konkurrenz zur eine gute halbe Motorradstunde entfernt stattfindenden "Rheinkultur" - dem größten Open Air der Republik - sowie im Metal-Beritt noch zum Polo-Festival in Düsseldorf begibt, und füge dann noch ein Wetterchen hinzu, das mit "Sauerländer Herbst" noch arg euphemistisch umschrieben ist.

Saxon @ JUZ Andernach Open Air

Saxon

Das funktioniert sogar wie's Tier! Die Veranstalter vom Jugendzentrum Andernach hatten hoch gezielt und voll getroffen. Denn es gelang ihnen, ein Spitzen-Lineup für dieses Festival und somit auch eine mehr als ordentliche Besucherzahl von in Spitzenzeiten geschätzten ca. 900 Metalheads zu interessieren. Das vom offiziellen Beginn an sich in Trüppchen fast bis ganz zum Schluss sich noch vermehrende Publikum dankte es ihnen, indem sie bei den stets wiederkehrenden Regengüssen, die teils wie aus umgekippten Schweinetränken auf sie einhämmerten, nur um so mehr Party machten und bei der Stange bzw. vor der kleinen Bühne auf der Rückseite des JUZ-Gebäudes blieben. And size does NOT always matter: beispielsweise der Fotograben vor der True Metal Stage in Wacken hat vermutlich ähnlich viele Quadratmeter wie Bühne und eigentlicher Publikumsbereich des JUZ zusammen, aber auch das hat ganz offensichtlich an diesem Samstag keinen gestört - auch die in dieser Hinsicht ja durchaus verwöhnten Stars nicht. Tatsächlich handelt es sich sogar um ein ausgesprochen schönes Festivalgelände: umgeben von wogenden Getreidefeldern kann man (wenn es grad nicht wie aus Feuerspritzen ins Gesicht hagelt) einen wunderbaren Blick über fast unverbaute Natur in Rheinnähe genießen, die Infrastruktur (Parkplätze, Würstlbuden, Klos und andere unverzichtbare Nebensachen) funktionierten auch den Umständen entsprechend prima - und so steht zu wünschen, dass Organisator Dieter und sein Team dieses Top-Event bald erneut auflegen werden.

Den in diesem Fall schon wegen des Befüllungsgrades des Geländes etwas undankbaren Anfang machten nach einer der ersten oben angedeuteten Futtertrogberegnungen und pünktlich ab 16:45 Uhr die NuMetal-Hoffnung 10 Fold B-Low, mit deren auch als Musikschreiber (www.myownmusic.de) und Roadie enorm rührigen Gitarristen Dirk wir vor dem Auftritt ein unverhofftes Schwätzchen halten konnten. Ihre tiefstgestimmten Hardcore- meets-Death-Metal-Ausbrüche verstörten zwar einige der für eher traditionelle bis altbackene Kapellen angereisten Früherschienenen zunächst etwas. Tatsache aber ist auch, dass sich der Eindruck von Stück zu Stück beständig verbesserte und Nummern wie "Burning" und vor allem "Pain In Progress" zum Schluss mit seinen komplexen Rhythmuswechseln und Verlangsamungen entschieden Lust auf mehr machten. Außerdem kamen die Jungs um den noch enorm jung aussehenden, aber furchteinflössend growlenden und shoutenden Sänger Thomas einfach total sympathisch rüber, heizten für die Folgebands ein und interessierten sich generell für die Meinung ihres Publikums, besonders, warum und für wen diese anwesend sind.

Nicht ganz wenige aus der Region hätten diese Frage wohl mit "Perzonal War" beantwortet, jener Spitzenformation aus Siegburg nahe Bonn, die gerade mit "Faces" ein enorm vielversprechendes Album, mit "My Secret" ein mordsgutes (aber noch größerem Airplay harrendes) in Spielfilmqualität gedrehtes Video am Start haben. Und dazu noch soeben eine große Tournee mit Blaze und Circle II Circle erfolgreich absolvierten. Tatsächlich war dies der letzte Tag der Tour in dieser Kombination, wie Drummer Martin noch zu spüren bekam. Vor diesen Ausschreitungen jedoch gab es noch vom aktuellen Album u.a. besagte, sehr eingängige Nummer "My Secret", "Devil In My Neck" (live ein unglaubliches Stahlgewitter..), oder vom nicht minder beeindruckenden, vielleicht sogar noch etwas gradlinigeren Vorgänger "Different But The Same", "Open My World" sowie den Rausschmeißer "Bleeding" um die Ohren. Aufgrund der Gepflogenheiten beim letzten Gig einer Tour wurde Martin während dieses letzten Stückes sein Kit buchstäblich unter dem Hintern weggebaut, ohne dass dies diesen Powerdrummer, der übrigens derzeit auch den Live-Drummer bei allen Squealer-Konzerten abgibt, im Geringsten beeindruckt hätte. Insgesamt ein hervorragender, enorm professioneller Auftritt in der Tradition früher Metallica. Dass der wunderbare Hintergrundgesang von Sänger/Gitarrist Metti live nicht wirklich reproduzierbar ist, trübte die Freude dabei nicht im Geringsten.

Nach einer auffallend flotten Umbaupause hieß es nun Bühne frei für Blaze, die Formation des ehemaligen Iron Maiden-Raukehlchens Blaze Bailey. Dieser ließ das Publikum gerne wissen, dass man ja gerade vom (gigantischen) „Bang Your Head“-Festival komme, aber dennoch den letzten Tourtag mit ihnen genieße. Der massenkompatible 80er-Jahre-Hardrock mit Songs wie "The Edge", "Ten Seconds" oder "Blood And Belief" kam verhältnismäßig gut, wenn auch wenig aufregend über die Rampe.

Doch nun zum geheimen Headliner: Circle II Circle, die Band des Ex-Savatage-Sängers Zak Stevens, hatte schon beim letztjährigen W:O:A für spontane, langanhaltende Glücksgefühle sorgen können. Unklar war, ob sie dies erneut hinbekommen würden, um so mehr, als sich die Band bis auf Chef Zak unterdes einmal komplett erneuert hatte. Doch die besonders positive, gänzlich uneingebildete Art des Ausnahmeshouters und Songs wie das von Obersavatage Jon Oliva mitgeschriebene "The Circle", "Watching In Silence", "Forgiven" oder "Sea Of White" begeisterten auch in dieser Besetzung vollkommen. Abermals gab es einen Part mit Savatage-Nummern - und danach beim Publikum kein Halten mehr. "One Child" von "Dead Winter Dead" und "Turns To Me" von "The Search Of Magellan" - vielleicht die schönste, schmerzlichste Savatage-Ballade überhaupt - hat man wohl selten besser gehört. Der offensichtlich über das ausrastende Publikum hoch erfreute Barde ließ nachladen und sogar noch das steinalte "Taunting Cobras" sowie die Songlegende "Edge Of Thorns" abfeuern. Als Dankeschön ans Publikum wurde dann mit "All That Remains" sogar noch ein Stück des kommenden neuen Albums erprobt. Den Abschluss dieses denkwürdigen Auftritts bildete die Sav-Überhymne "Follow Me", abermals von "Dead Winter Dead".

Nach diesem Höhepunkt schwenkten Rose Tattoo die musikalische Richtung in Richtung Schweinerock australischer Prägung. Nach Erneuerung des Schocks darüber, WIE klein Sänger Angry Anderson - eine Art menschliches Megaphon - doch wirklich ist, konnte man stets etwas an AC/DC erinnernde Dirt'n’Boogie-Nummern wie "One Of The Boys", "Nice Boys (Don't Play Rock'n Roll)" oder das Angrys gewerkschaftlich arbeitendem Bruder gewidmete "Union Man" genießen. Rob Riley sieht übrigens inzwischen fast aus wie der Indianer aus "One Flew Over The Cuckoo's Nest" und dürfte in der Disziplin "so stoisch wie hackenbreit gleichzeitig Kaugummikauen, Gitarrespielen und sich vom Roadie den widerspenstigen Gitarrengurt fixen lassen" unangefochtener Weltmeister sein. Etwas mehr Raffinesse erhalten viele der simpel gestrickten Songs vor allem durch Pete Wells heulende Slide-Gitarrenlinien.

Nach weiteren mehrfachen Wolkenbrüchen, Aufklarungen, einem doppelten (!) Regenbogen und wunderschönem Sonnenuntergang über den umgebenden Feldern war es nun füglich Zeit für den Headliner Saxon, der am selben Tag auch das Düsseldorfer Festival des Motorradausstatters Polo gespielt hatte. Hier aber gefalle es ihnen noch besser, verkündete Biff den dies gern hörenden tropfenden Massen und ließ neben seinen legendären Pfiffen auch eine Vollbedienung aus u.a. "Heavy Metal Thunder", "Dogs Of War", "20.000 Ft.", "The Eagle Has Landed", dem heute besonders gelungenen "Strong Arm Of The Law" oder "Conquistador" inklusive vorzüglichen Drum-Solos von Fritz Randow auf Andernach los. Come Hell or High Water - das hatte sich rundum gelohnt!

 

Links:

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>> Homepage JUZ Live Club Andernach

>> Homepage 10 Fold B-Low

>> Studio-Report Perzonal War bei POP FRONTAL

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>> Homepage Saxon

 

JUZ Andernach Open Air

Randszenen

 

Rose Tattoo @ JUZ Andernach Open Air

Rose Tattoo

 

Blaze @ JUZ Andernach Open Air

Blaze

 

Perzonal War @ JUZ Andernach Open Air

Perzonal War

 

Circle II Circle @ JUZ Andernach Open Air

Circle II Circle

 

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