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Gesehen! Lady Sovereign / 02.11.2009, Hamburg, Stage Club
Präsentiert von POP FRONTAL
Kleine Frau, ganz groß
Text: Sandra Kriebitzsch
Vor drei Jahren begann ihr kometenhafter Aufstieg. Mit gerade einmal 20 Jahren und nur 155 cm Körpergröße war Lady Sovereign plötzlich auf Augenhöhe mit den Großen der Szene. Als erste nicht-amerikanische Rapperin wurde sie von Def Jam gesignt, Missy Elliott remixte ihren Hit "Love Me Or Hate Me", und Gwen Stefani nahm sie mit auf Tour. Im Sommer hat Lady Sovereign nun ihr zweites Album "Jigsaw" veröffentlicht. Anfang November kam der nach eigener Aussage "biggest midget in the game" zu uns, um das Haus zu rocken. Nur irgendwie scheint sich hierzulande die Kunde von der Größe der kleinen Britin noch nicht herumgesprochen zu haben: nur ca. 70 Leute fanden sich im kleinen Hamburger Stage Club ein.
Der Stage Club befindet sich im Gebäude des Theaters Neue Flora, einer schicken Musical-Location der Hansestadt. Während vermutlich nebenan Disney's Tarzan Luftsprünge durch den Dschungel machte, plumpsten wir im benachbarten Stage Club zunächst in die loungigen Sessel. Und wunderten uns, dass das junge Schnoddermaul aus London - laut Wikipedia Tochter eines "ehemaligen Punkerpärchens" - ausgerechnet in diesem verdammt schicken Club für uns rappen sollte. Zur falschen Zeit am falschen Ort? Keine Ahnung, warum hier nur eine Handvoll Leute kam, während in New York zur Albumveröffentlichung der Time Square aufgrund massenhaften Fanandrangs gesperrt werden musste.
Nachdem bereits einige Longdrinks über die Theke gegangen waren, machte sich DJ Annalyze an den Turntables zu schaffen und begann, dem spärlichen Publikum einzuheizen.
Die Dame ist in der US-amerikanischen DJ-Szene ziemlich angesagt und begleitete Lady Sovereign nun auf ihrer Europa-Tour. Alsbald stürmte auch die junge Lady die Bühne.
Freche Basecap, schmales Trägershirt, grüne Plastikbrille, Adidas-Jacke und hohe Schuhe derselben Marke - das passende Outfit für den kleinen Giftzwerg, der die folgenden 30 Minuten flummiartig über die kleine Bühne hüpfen sollte. So schnell, wie sie manchmal die Seiten wechselte, sich dabei mehr als einmal frivol selbst ins Shirt hinein lugte und gleichzeitig ihre Reime ins Mikrofon stieß, konnten wir gar nicht gucken.
Atempausen gewährten nur die Smalltalks, in denen sie mit Hilfe des Publikums ihre Deutschkenntnisse aufzubessern versuchte. Mit ihrer Deutschlehrerin habe sie auf Kriegsfuß gestanden, erklärte sie uns - und schien sich nun beweisen zu wollen, dass ihre Beherrschung der germanischen Sprache gar nicht so schlecht ist, wie die olle Lehrerzicke einst behauptet hatte. Bei Formulierungen wie "Eins Glatze klatschen" stiegen allerdings eher Fragezeichen aus den Köpfen des wohlwollenden Publikums. Das Wort für das Frottee-Teil, mit dem sie herumwedelte, ging ihr dagegen ganz gut von den Lippen, nachdem wir ihr mehrfach "Haaaaandtuuuuuch" souffliert hatten. Als sie allerdings anfing, wild unter ihre Arme zu greifen und zu fragen, was das auf Deutsch hieße, wurde es zu kompliziert. "Behaarte Achselhöhlen", von einer Dame aus dem Publikum wiederum freundlich vorgesprochen, erwies sich als Zungenbrecher für die junge Rapperin.
Die englische Sprache wiederum beherrschte ihre Zunge dagegen vorzüglich, ohne sich nur ein einziges Mal zu verknoten. Hits wie "Hoodie" und "So Human" (mit dem berühmten Cure-Sample) oder "I Got You Dancing" gaben sich, untermalt von den fetten Beats und Scratcheinlagen von DJ Annalyze, die Klinke in die Hand - und alle groovten gut gelaunt mit. Aber schlagartig nach nur einer halben Stunde Spielzeit war es um die Laune der Lady geschehen. Warum sollte sie sich vor so wenigen Leuten noch weiter verausgaben? Ohne Zugabe verließ sie die Bühne und zog von dannen. Schade, aber super war's trotzdem.
