Für euer neues Album "Ode to Ochrasy" habt ihr selbst hinter den Reglern gestanden.
Wie kam es dazu?
Carl-Johan Fogelklou: Als wir mit den Arbeiten für das Album begonnen haben,
arbeiteten wir mit Bjorn Olsson, der vor knapp zehn Jahren Songwriter und Gitarrist bei Soundtrack
Of Our Lives war. Seine Herangehens- und Sichtweise in Sachen Songwriting und Arrangements hat
uns sehr gefallen. Allerdings war er bereits nach kurzer Zeit gezwungen, die Zusammenarbeit zu beenden,
weshalb nur ein oder zwei Songs von ihm produziert sind. In der Folgezeit fanden wir keinen
adäquaten Ersatz. Da kam uns die Idee, wenn wir niemanden finden, der es machen kann, müssen
wir es selbst tun. Dazu arbeiteten wir lediglich mit einem Toningenieur zusammen, der gleichzeitig
als Co-Produzent fungierte. Sein Name war Patrick, und wir nahmen schließlich fast das ganze
Album in seinem Studio auf.
Hattet ihr Schwierigkeiten dabei, die Balance zwischen Perfektion und Rauheit zu finden?
Carl-Johan Fogelklou: Nein. Es war ein leichtes für uns, unsere Vorstellungen
vom eigenen Sound auf Band zu bekommen. Jeder Ton auf dem Album ist daher sehr natürlich. Es ist
uns gelungen, in jeden einzelnen Klang eine Bedeutung zu legen. Unser Ansatz war aber, dass das
Album so klingen sollte, wie es Mando Diao live auf der Bühne tun.
Als ihr euer erstes Album "Bring 'Em In" aufnahmt, hattet ihr noch keinen
Plattenvertrag unterschrieben. Daher lag in keiner Weise Druck auf euren Schultern, geschweige denn
eine Erwartungshaltung seitens von Fans oder Kritikern. Ist es euch gelungen, wieder diese
Atmosphäre zu schaffen?
Carl-Johan Fogelklou: Wir bilden als Band eine sehr starke Einheit. So kümmern
wir uns kaum darum, was andere uns sagen wollen. Was sehr wichtig ist. Wenn jemand zu uns sagt:
"Dieser Song sollte nicht auf dem Album sein", lautet unsere Antwort: "Wenn du diesen
Song nicht auf dem Album haben willst, dann wird es kein weiteres Mando Diao-Album geben. Also
lässt du ihn besser auf dem Album, oder es wird diese Band nicht mehr geben." Wenn es um
unsere eigenen Vorstellungen geht, haben wir ein starkes Selbstbewusstsein. Damit müssen die Menschen eben leben.
Die meisten Texte eurer neuen Stücke erzählen Geschichten über merkwürdige
Charaktere. Habt ihr das Geschichtenerzählen für euch entdeckt?
Carl-Johan Fogelklou: Die Sache ist, dass wir nun endlich Geschichten zu erzählen haben.
Innerhalb der letzten zwei Jahre haben wir einiges erlebt. Als wir früher unsere Songs geschrieben haben,
hatten wir zuvor bei weitem nicht soviel gesehen. Es ist halt nicht sonderlich interessant, über seine
Kindheit zu schreiben. "I went to school, oh I was cool". Das ist einfach nichts Besonderes.
Diese seltsamen Personen hingegen schon.
Eine dieser seltsamen Personen ist "Herr Horst", ein in Stockholm lebender obdachloser Deutscher.
Wie seid ihr auf ihn gestoßen?
Carl-Johan Fogelklou: Wenn du in Stockholm bist, siehst du ihn nahezu jedes Mal. Er steht
dort, drückt sich sein Taschenradio ans Ohr und spielt dazu Mundharmonika. Einmal, als Björn betrunken
war, stolperte er über Herrn Horsts Bett. Da wurde Herr Horst sehr sauer. Björn gab ihm zwanzig
Euro und versuchte, sich zu entschuldigen. Da wurde Herr Horst plötzlich sehr glücklich und begann,
auf seiner Mundharmonika zu spielen. Genau so, wie du es auf dem Stück hören kannst.
Aber er hat sie nicht auf dem Album gespielt...
Carl-Johan Fogelklou: Er würde einfach nicht in ein Tonstudio passen. Es ist
sehr schwer, sich mit ihm zu verständigen, denn er ist nicht sehr gesprächig. Wenn du ihm
eine Frage stellst, antwortet er dir irgendeinen Nonsens.
Für die Promo-Arbeit zu "Ode to Ochrasy" habt ihr Journalisten aus aller Welt in
eure Heimatstadt eingeladen. Wie wichtig sind euch eure Ursprünge heute noch?
Carl-Johan Fogelklou: Ja, wir haben ihnen zum Beispiel unsere Schule und den Laden von
Björns Mutter gezeigt. Dinge, die unsere Kindheit und Jugend ausmachten. Das alles bedeutet uns sehr
viel, immerhin ist daraus einst unsere Band entstanden. Es macht aber auch einfach Spaß, fremde
Menschen durch diese Gegend zu führen. Ich werde dabei selbst immer ein wenig nostalgisch. Das ist schön.
Während ihr auf Tour seid, spielt ihr häufig das Bob Dylan-Stück "Mama, you've been
on my mind lately". Müsst ihr selbst noch mit dem Heimweh kämpfen?
Carl-Johan Fogelklou: Oh ja, fast jeden Tag. Deshalb rufe ich auch sehr oft zu Hause an...
Was läuft derzeit im Tourbus auf Heavy Rotation?
Carl-Johan Fogelklou: Im Moment kaum Musik. Bis auf das neue Beatles-Album "Love",
was wirklich großartig ist. Aber wir haben uns vor ein paar Tagen diese James-Bond-DVD-Collection gekauft.
Zuletzt haben wir gestern "Moonraker" gesehen, einen der besseren Bond-Filme.
Heute Abend spielt ihr das letzte Deutschland-Konzert der aktuellen Tour, danach geht es weiter nach
Großbritannien, wo ihr mit Carl Barats Dirty Pretty Things eine gemeinsame Headliner-Tour spielen werdet.
Eine Ehre für euch?
Carl-Johan Fogelklou: Ich schaue nicht zu Carl Barat auf, im Sinne eines Idols oder so.
Mando Diao haben ihr erstes Album noch vor dem ersten Album von Barats Libertines veröffentlicht. Wir
kennen uns, und das sind wirklich sehr nette Jungs. Er und Pete Doherty sind wahrscheinlich das beste
britische Songwriter-Duo seit Mick Jones und Joe Strummer. Dieses ganze Drumherum kümmert mich eher wenig.
Es wäre großartig, wenn sie wieder anfangen würden, gemeinsam Songs zu schreiben. Meiner
Meinung nach haben sie die Höhepunkte ihres Schreibens als Duo erreicht. Die Babyshambles sind gut,
die Dirty Pretty Things sind gut, aber beides ist nicht so gut, wie das, was sie gemeinsam gemacht haben.
Was wird dieser Tour folgen?
Carl-Johan Fogelklou: In jedem Fall ein weiteres Album. Zwar haben wir momentan noch nicht viele
Stücke zusammen, da "Ode to Ochrasy" erst vor ein paar Monaten erschienen ist, aber es werden
langsam immer mehr. Derzeit sind wir alle an verschiedensten Musikrichtungen interessiert. Wenn du zum Beispiel
Künstler wie Adam Green hörst, erfährst du durch ihn etwas über andere Künstler.
Oder nimm die Beatles, du hörst ihre Alben und auf einmal beginnst du, dich für Künstler wie
die Wings zu interessen oder für John Denver. Einer meiner Helden. Dank all dieser Faktoren, denke ich,
dass das nächste Album etwas Neues sein wird.
Vielen Dank für das Gespräch!
Links:
>> Künstlerinfo Mando Diao bei POP FRONTAL
>> Mando Diao: Ode To Ochrasy: Reinhören und Kaufen bei amazon.de
>> Konzertbericht Mando Diao @ o2 Music-Flash (30.08.06) bei POP FRONTAL
>> Homepage Mando Diao
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