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Gelesen! Nick Mason: Inside Out. Mein persönliches Porträt von Pink Floyd
Text: Klaus Reckert
‘Tis the season to be pink: Im 35. Jahr nach Erscheinen von "The Wall" hat EMI beispiellose Methoden ersonnen, ihr rosigstes Cash-Pig nochmals zu melken.
Nicht ganz leicht zu bewerkstelligen, mit einer Band, die in diesem Leben wohl kein neues Material mehr produzieren wird (Rick Wright verstarb 2008). Dennoch, es ward
vollbracht: Die "Dark Side of the Moon"-Editionen von "Experience" (Remastered; Bonus-CD mit unveröffentlichtem Live-Material, 16 Seiten Booklet)
und "Immersion" (3 CD, 2 DVD, Blu-Ray; noch zusätzlich mit Versionen in u.a. Stereo-, Quadrofonie- und 5.1-Surround-Mix, zeitgenössische
Konzertmitschnitte, Reproduktionen von Original-Backstage-Pässen u.a. Devotionalien mehr) wurden auf den Markt geworfen. Für besonders zahlungskräftige
Käufer und Schenker steht noch das "Discovery"-Box-Set (14 CDs, 60 Seiten Booklet) zur Verfügung. Und außer diesem Booklet könnte keine
Lektüre passender zu so einem Soundtrack sein, als die Erinnerungen von Pink Floyd-Drummer Nick Mason...
Den Autor lernen wir binnen weniger Seiten als jemanden kennen, der sich und andere nicht allzu ernst nimmt (ganz im Gegensatz zu etwa Rennwagen oder Autorennen) und ein Prachtexemplar von trockenem bis schwarzem britischen Humor sein eigen nennt. Der trägt den Leser auch behände über die Distanz von über 400 Seiten und über so manche ziemlich harte Zurschaustellung der Konfliktscheu und Kommunikationsunfähigkeit der Protagonisten hinweg - allen voran die Nummer, als Syd Barrett, Gründungsmitglied und fast alleiniger Komponist des Materials der ersten Jahre der Formation, einfach nicht mehr zu Auftritten abgeholt wurde (S. 102). Es stimmt schon - Syd hatte massive Drogenprobleme, er hatte die schreckliche Angewohnheit angenommen, manche Gigs gitarrenstimmend vor Publikum zuzubringen. Aber ohne Aussprache, ohne Feuern - einfach nie wieder vorbeikommen?
Zuvor erlebten wir Syd und David Gilmour (seinen späteren Nachfolger) als Straßenmusiker in Südfrankreich (S. 28), lernen Stanhope Garden, die kommunenhafte Unterkunft der Prä-Pink-Formation Sigma 6, kennen und lieben. Sigma 6 brachten es immerhin schon zu Support-Gigs für die Tridents (mit Jeff Beck, S. 29). Später ist er als Ersatz für Syd im Gespräch (S. 115). Die Bedeutung von effektvollen Lightshows für die psychedelische Musik (S. 51, 53) wird ebenso beleuchtet wie ein Auftritt im Jahr 1965 im Roundhouse mit Soft Machine auf der Bühne und beispielsweise Paul McCartney im Publikum. Die damals wichtigen Londoner Clubs - Marquee, Indica und UFO - erscheinen vor unseren Augen genau wie Mark Boyle, der Beleuchter des UFO: "Er machte diese Experimente mit verschiedenfarbigen Säuren und setzte sich dabei oft um ein Haar selbst in Brand. Man sah ihn immer, völlig verbrannt, mit dieser Schutzbrille, hoch oben auf einem Gerüst herumturnen" (Robert Wyatt, Soft Machine, S. 60).
Köstliche (Livemusik-)Anekdotik bieten auch die Szenen, wo Ginger Bakers Double Bass-Set durch Nägel am Boden fixiert werden soll (S. 62) und Jimi Hendrix Pink Floyd kennen lernt (ebd.). Es kommen der erste Plattenvertrag und Studioaufnahmen (1967, S. 64). Und es folgen weitere Live-Döneken, die in der Sicherheit des eigenen Wohnzimmers einen Heidenspaß abgeben: Die Band wird begossen und beworfen (vgl. Blues Brothers; S. 83), spielt aber auch 200 Gigs während der ersten von vielen US-Tourneen (S. 81). Die Fährnisse von Drehbühnen werden ebenso dargestellt wie betrügerische Roadies (S. 84) und die ersten Haus- bzw. Hallenverbote für unsere Pinkies. Und irgendwann platzen dann auch die ersten Gummischweine.
Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Und die soll Euch Nick am besten selbst erzählen...
Wird‘s nicht mehr oft geben: Waters, Gilmour und Mason schunkeln auf einer Bühne (Outside The Wall, Mai 2011, London)
Striptease der Immersion Box von "Dark Side Of The Moon"