Zum Vergrößern der Fotos bitte auf die Bilder klicken!
Die göttliche holländische Kultband Nits löste mit diesem Konzert ein bereits 2011 gegebenes Versprechen ein - damals war die gesamte Tour kurzfristig abgesagt worden. Und auch die aktuelle Tour stand unter ungünstigen Vorzeichen, da Keyboarder Robert Jan Stips aufgrund einer Hand-OP nicht teilnehmen konnte. Er wurde durch die in vielfacher Hinsicht umwerfende Laetitia van Krieken ersetzt. Gottgefällig war vieles an diesem Abend, immer vorausgesetzt, sie steht auf gute Musik. Das ging mit den fast tropischen Temperaturen außerhalb der wie stets wunderschönen Kulturkirche los, setzte sich bei der Ankündigung der Künstler durch den Pastor der Kirche fort und endete nicht bei Judith Hoerschs Ansagen eines ihrer bemerkenswerten Songs...
Judith Hoersch werden viele der Nits-Karten-Käufer nicht gekannt haben. Ihren ersten Felsbrocken platzierte sie daher gleich zu Beginn sorgsam beim Publikum im Brett. Indem sie sich nämlich als Kölnerin zu erkennen gab und auch ein wenig platt parlierte. Doch auch mit frechen Songs wie "Punkrock" - inklusive einem punkig-dilettantischen Solo auf dem nur zu diesem Zweck umgehängten E-Bass - oder (Verliebt in einen) "Scheißkerl" vom brandneuen Album "Minipop" wusste die junge Dame durchaus zu punkten. Die Schauspielerin, Synchronsprecherin, Buchautorin und Sängerin hat eine starke Stimme (zwischen Pe Werner und Ulla Meinecke?) und phrasiert wie eine Jazzsängerin. Oder eben wie eine Schauspielerin. Dies erzeugt lebhafte Kontraste zu den Texten, in denen gelegentlich spätpubertäre Provokationstendenzen erscheinen, wenn beispielsweise bei "Arsch am Meer" die Gesäßlyrik nicht etwa nur kurz aufleuchtet, sondern dauerfeuert. Daher wohl auch beteuerte die attraktive Diseuse vor einer Nummer, sie habe sich bei Gott vergewissert, dass der folgende Text auch in einer Kirche vorgetragen werden könne - beruhigender Weise lautete die Antwort "Ja". Die feinfühlige Begleitung zu solchem Treiben steuert Martin Bechler an diversen Keyboards und Gitarre, zweiter Gesangsstimme sowie einigen ironischen Zwischenrufen bei.
Doch bald wurde es Zeit für die Nits. Die Ersatz-Keyboarderin Titia hatte schon von 1998 till 2004 zum Live-Line-up der Nits gehört. Bemerkenswerterweise beherrscht sie aber auch das aktuelle Material des "Malpensa"-Albums technisch brillant. Und souverän - jedenfalls ab ca. dem vierten Song. Die gesamte Körpersprache der zunächst fast scheu wirkenden Naturschönheit änderte sich danach und wurde schließlich nachgerade kess. "Crime And Punishment" und das wunderbar-melancholische "Home Before Dark" eröffneten den Reigen. Auf "J.O.S. Days" rockte nicht nur Henk Hofstedes Bluesharp. "The Poor" vom neuen Album glänzte u.a. mit Titias Hintergrundgesang und resultierte in gefühlt mehr als einminütigem Applaus.
Solcherart gelockert konnte es mit dem "House Of Jacob" weitergehen, der trotz Nits-typisch reduzierter Machart und kurzer Länge einen ganzen Film evoziert. Genau wie das folgende "Man On A Wire". "Cars & Cars" beschleunigte wie ein Dragsterrennen, was der anmutigen Mevrouw van Krieken Gelegenheit zu einigen rasend schnellen Pianolinien gab. Überhaupt Rhythmus: Rob Kloets einzigartig spannendes Schlagzeugspiel erwies sich wieder einmal als eine der entscheidenden Zutaten für das Aufgehen des Nits-Rezepts. "Love Locks" passt besonders gut nach Köln, denn es beruht auf einem Henk-Spaziergang auf der Hohenzollernbrücke. "Jazz Bon Temps" leitete zu "Blue Things" über, "Ivory Boy" mit starken Kopfstimmenparts bildete das vorläufige Finale.
Doch die Kulturkirchgänger ließen die Nits natürlich nicht so schnell von der Bühne. Das deutsch gesungene "Schwebebahn" wirkte durch die präzise Sprache und den phantastischen Gesang des traurig-schelmischen Clowns Henk wieder wie ein Kurzfilm. Auch "Adieu Sweet Bahnhof" war noch nicht das endgültige Adieu, sondern ließ noch u.a. "Nescio", "Three Sisters", "Sister Rosa" (abermals ein klerikales Thema) und das traurige "Sketches Of Spain" folgen. Amen.