Das Festivalgelände für diese "Formel 1 der Rockmusik"
integriert unter anderem das Start-/Ziel-Haus, die Boxengasse, altes
und neues Fahrerlager und bietet somit ein ganz eigenes Flair,
jedenfalls für Menschen, die auch nur ansatzweise etwas "Benzin
im Blut" haben. Überdies kann man nach etwas Eingewöhnung
dem Umstand, praktisch überall Asphalt unter den Füßen
zu haben, durchaus viel Positives abgewinnen. Besonders angesichts
der berühmt-berüchtigten Kapriolen des Eifelklimas. Zu den
weiteren Spezialitäten des Events zählt ein vergleichsweise
luxuriöses Pressezentrum, das den Namen mal wirklich verdient.
Für jedermann relevant und auffällig ist weiterhin das
Prinzip, das gesamte Areal vor den zwei Hauptbühnen durch
begehbare "Wellenbrecher" zu segmentieren. Dies soll
einerseits die Massen kanalisieren, andererseits aber auch den
Rettungskräften ermöglichen, bei über 90.000 Menschen
auf dem Gelände bei Bedarf schnell zu Hilfsbedürftigen im
Bühnenbereich vorzustoßen.
Den Zuschauermassen entsprechend sind die Zufahrtswege rund um die "grüne
Hölle" am Festivalfreitag am Ende ihrer Kapazitäten -
und wären es sicher noch mehr, wenn nicht viele der Fans bereits
am Mittwoch oder Donnerstag angereist wären. Ein
Sightseeing-Gang über die Zeltplatzbereiche wird daher bereits
mit beeindruckenden Impressionen belohnt: So wie der Rheinländer
minutiös und bis ins letzte Detail sein Karnevals-Engagement
plant, so scheint der typische Ringrocker bei der Planung seiner
Unterbringung und Versorgung wenig dem Zufall zu überlassen. Das
Ergebnis sind wahre Zeltstädte, die so ziemlich alles bieten,
was das Rocken angenehmer machen kann: Pool, Sauna, Sportanlagen,
Großküchen – alles da…
Langsam wird es aber auch Zeit für etwas Musik: "We're Opeth.
We come from Sweden. Just like Bands as Abba or Roxette". So
stellte der in ein Scorpions-T-Shirt gewandete Mikael
Åkerfeldt seine Ausnahmetruppe
vor. Auf-die-Fresse-Epen wie das fünfzehnminütige "The
Baying Of Hounds" oder das von markerschütternden Growls
gezierte "The Great Conjuration" dominierten einen
enthusiastisch abgefeierten Auftritt der Band, die mit "Watershed"
just eine neue Großtat des Progressive Metal und mit Fredrik
Åkesson (ex-Arch Enemy) einen sich großartig machenden neuen
Lead-Gitarristen am
Start haben.
Bad Religion
sind eine Glaubensfrage für sich. Eine der (zumindest für
den Rezensenten) sympathischsten Bands der Welt brachte mit Ausdruck,
Glaubwürdigkeit, strahlendem Satzgesang und inhaltlichem
Anspruch wieder mal alles nach Hause. Nur wenige Minuten von Serj
Tankians (System Of A Down) Auftritt waren dem Ring-Berichterstatter vergönnt.
Die aber waren schon aufgrund des Falsett-Gesangs des Hut tragenden
Entertainers eigenartig anziehend. Auszüge aus seinem Solowerk
"Elect The Dead" wie "Empty Walls" machten
jedenfalls definitiv Lust auf mehr. Von allerlei Negativstimmen zu
früheren Konzerten vorbelastet, erwartete man von Coheed
& Cambria vielleicht nicht allzu viel. Die New Yorker um Frontbobtail Claudio
Sanchez überzeugten jedoch mit einer relativ energischen
Live-Show inklusive der Indienststellung zweier
Hintergrundsängerinnen. Bei Sanchez verraten tatsächlich
nur die umhängende Gitarre und der gewählte Winkel zum
Mikrofonständer, wo bei ihm vorne und hinten ist. Doch obwohl
man sein Gesicht kaum zu Gesicht bekam, war er prächtig bei
Stimme, die aufgrund der "Helium-Effekte" allerdings nicht
jedermanns Fall war. Seine Combo schien bestens aufgelegt zu den
gespielten Stücken, beispielsweise vom neuen Konzeptwerk "No
World Tomorrow". Schlagwerker Chris Pennie gewann abschließend
noch unangefochten den Pokal beim Drumstick-Weitwurf.
Schock am Ring
Cavalera
Conspiracy
war die wohl brutalste, kompromissloseste Band im durch Erscheinungen
wie Culcha Candela ("Hammer") teilweise doch mehr den Namen
"Pop Am Ring" rechtfertigenden 3-Tages-Billing. Die
Wiedervereinigung der Cavalera-Brüder Igor und Max ließ
auch vor Ort mit Thrash-Bestien wie "Territory", "Inner
Self" oder "Dead Embryonic Cell" und dem Höhepunkt
"Refuse/Resist" Erinnerungen an die allerbesten
Sepultura-Tage aufleben. Doch auch das Material vom konspirativen
Debüt wie "Sanctuary", bei dem Igor parallel zum
Gitarrebedienen Capoeira-ähnliche Fußkampftechniken
ausführte, lösten stürmische Begeisterung aus.
Nach
diesem Thrash-Vollbad konnte der Kontrast zu Róisín
Murphys
(der "Stimme von Moloko") freakig-lasziver Elektroshow im
Coca Cola-Zelt kaum größer sein. Die Dame legte sich durch
Umkleiden nach jeder Nummer buchstäblich enorm ins Zeug –
dennoch lieber weiter zu Motörhead
mit einem beim unvermeidlichen "Overkill" etwas
desorientiert wirkenden Lemmy. Grundsätzlich aber: The same
procedure as every year. Das konnte man vom lange erwarteten Auftritt
der Crossover-Helden Rage
Against The Machine
nun nicht gerade sagen. Die Headliner dieses Freitags hatten schon
1994, 1996 und 2000 den Ring gerockt. Frisch wiedervereinigt legten
sie nun hier auch ihr erstes Deutschlandkonzert seit acht Jahren hin.
Aufgeräumt, ja reduziert das Bühnenbild mit rotem Stern als
einzigem Schmuck. Sänger Zack de la Rocha und die
anderen Maschinisten verursachten
ab dem eröffnenden "Testify" mit heftigen Attacken
gegen die US-Regierung in den Ansagen sowie mit Klassikern à
la "Freedom", "Bullet In The Head", "Bombtrack"
und natürlich "Killing In The Name Of" eine
80-minütige Hüpforgie vor der Center Stage. Dagegen kamen
auch The
Prodigy
("Smack My Bitch Up") mit ihren Break- bis Blastbeats und
teils verwirrend unfreundlichem Gehabe nicht mehr an. Feierabend am
Ring…
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Links:
>> Festivalinfo Rock Am Ring 2008 bei POP FRONTAL
>> Homepage Rock Am Ring
>> Homepage itouchmag.com
>> Homepage Opeth
>> Homepage Bad Religion
>> Homepage Serj Tankian
>> Homepage Coheed And Cambria
>> Homepage Cavalera Conspiracy
>> Homepage Motörhead
>> Homepage Rage Aganinst The Machine
>> Homepage Roisin Murphy
>> Homepage The Prodigy
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