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Gesehen! They Might Be Giants / 23.11.2013, Berlin, Astra Kulturhaus
Happening mit alten Helden
Text + Live-Fotos: Simone Deckner
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Riesengroß war die Vorfreude! They Might Be Giants nach einer halben Ewigkeit endlich wieder live in Deutschland!
Und die beiden Johns enttäuschten ihr Publikum nicht: Sie spielten nicht nur die alten Hits, sondern auch
neue Songs vom aktuellen Album "Nanobots" - und sorgten mit ihren skurril-schrägen Anekdoten für ausgelassenen Stimmung.
Was soll man nach 19 (!) Jahren Live-Abwesenheit von einer alten Lieblingsband erwarten? Dass They Might Be Giants möglichst
viele Lieblingslieder spielen? Dass sie beim Konzert hoffentlich genau so irrwitzig und schräg drauf sind, wie in ihren Texten?
Dass sie schön lang spielen, weil sie ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr im Lande waren? All das hat man sich gewünscht.
Bekommen hat man: All das und noch viel mehr.
"Die beiden Johns", wie sie sich selbst liebevoll bezeichnen, kommen um Punkt 21 Uhr auf die Bühne des Astra Kulturhauses.
Später werden sie sich über die schrabbelige Loccation lustig machen: "Wir kommen uns vor wie in New York 1985". Sie fangen
mit einem Song vom neuen Album "Nanobots" an. Es ist einer dieser typischen They Might Be Giants-Songs: mit einem
unwiderstehlichen Beat, der leicht überdrehten Stimme von John Linell und einem absurden Text: "Hi, I forget your name
/ whatever / my point is / you're head is on fire." Und während die beiden, unterstützt von einer dreiköpfigen Band,
über brennbare Köpfe singen, weiß man bereits: Alles wird so werden, wie man es sich gewünscht hat. Weil hier keine
Band steht, die sich selbst mit ihren Hits abfeiert. Von denen sie ja noch und nöcher hat: "Birdhouse In Your Soul",
"Don't Lets Start", "Doctor Worm", "Istanbul (Not Constantinople)" - wer in den 80er Jahren groß geworden ist und
sich auch nur einen Hauch für Musik interessiert hat, kennt diese Songs.
Die Gruppe der Ü-40-Jährigen ist dann auch in der Überzahl beim Konzert. Fröhliche Menschen, die keinerlei Probleme
damit haben, sich von John und John in "Menschen" und "Affen" einteilen zu lassen und dabei
mit erhobener Hand laut "People, People, People" oder "Apes, Apes, Apes" zu brüllen. Solche
Spielchen wären bei anderen ein Grund zum In-den-Boden-versinken, bei TMBG ist es logischer
Teil einer Show, die von Absurditäten nur so gespickt ist.
"Hi, my name is Gwyneth Paltrow", sagt John mit verzerrter Stimme. Eigentlich nur als kleiner Gag zum Auftakt von "Nanobots"
gedacht, entspinnt sich zwischen den beiden Johns und dem Publikum ein zehnminütiges Hörspiel über die Schauspielerin mit
dem großen Sendungsbewusstsein. "Twistin by the Pool", "Roadmovie to Berlin" - es ist ein einziges Singen und Strahlen
auf beiden Seiten der Bühne. Doch TMBG setzten noch einen drauf, stülpen sich zwei alte Socken als Handpuppen über
und singen eine herzzerreißend komische Version von "Toddler Highway". Nach zwei Stunden und der großartigen Nachricht,
dass man schon 2015 auf neue Gigs hoffen kann, verabschieden sie sich mit "The End Of The Tour". Nicht ohne das Publikum
zu beschwören: "Don't bring your friends. We don't wanna lose our edge."