Gesehen! Under Byen / 22.04.2004, Hamburg, Indra
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Zerrissene Lautmalerei im Elfenland
Text: Michael Kellenbenz
Schwarze breite Stoffbahnen hingen unter der niedrigen Decke des Indra, einem
kleinen Club am Rande des Hamburger Kiezes. Zwei stilisierte Sonnen und Lavaartiges
leuchteten dazu am Rande der kleinen Bühne - so klein, dass man sich fast
Sorgen machen musste, wie der achtköpfige, dänische Klangkörper
dort wohl Platz zum Musizieren finden wollte. Erfüllte im letzten Moment
noch Kneipengemurmel den leider unerwartet nur mäßig gefüllten
Raum, standen sich unversehens Band und Publikum Auge in Auge gegenüber.
Einzig die charismatische Sängerin Henriette Sennenvaldt kauerte um Rotweinglas
und Mikroständer herum am Boden, den Blick gesenkt, in sich versunken wie
über die gesamte Konzertdauer.
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Der blanken Säge war es dann vorbehalten, die Spannung im wahrsten Wortsinne
zu zerschneiden. Augenblicke später entspinnen sich leichtbeinige Klänge
aus den Yamaha-Tasten, die in eine mystisch-fragile Welt von Elfen und Trollen
überleiten sollten. Einer Welt aus abwegigem Gelände, sonnigem Erwachen,
nasser Kälte und Abermillionen Geröllsteinchen zwischen den Wiesen.
Multicasting indessen auf der Bühne: Streichinstrumente wurden gezupft und
gestrichen, und gleich zwei Schlagwerke bestimmten einen oft D&B-artigen Rhythmus.
So trieben die Stücke immer wieder weiter und weiter in quellende Lärmkaskaden
hinein. Im Vergleich zum letzten Hamburger Auftritt im September 2003 ging es
vielleicht nicht lauter, wohl aber deutlich rhythmischer und dynamischer zur Sache.
"Ein Glas Rotwein für die Sängerin!" forderte der Clubbetreiber
hinter einer kleinen Wand von Soul-Scheiben plötzlich lautstark und fast
fürsorglich in die Stille zwischen zwei Stücken. Auch der Tresenfrau,
die sich daraufhin fast ehrfürchtig der Bühne näherte, merkte man
spürbar an, dass sie solchen Sonderlingen schon ein klein wenig misstraute.
Dabei lächelten diese doch immer wieder freundlich einladend und hielten
ihre Zuhörer gebannt vor der Bühne.
Zurück blieb einmal mehr die Frage, was das jetzt eigentlich genau war. Neuzeitliche
Lautmalerei in einem sehr zerrissenen Randgebiet des Rock? Dort wo die Säge
vom Anfang am Ende die Gitarre auf atemberaubende Weise ersetzt hatte und die
Geschichten spinnende Exzentrik der Frau Sennenvaldt bis hin zur obligatorischen
„Hackebeilchen“-Zugabe (dem Drama um den Kindermörder Hamann)
den Abend mittrug? Was es auch sei, es spielte sich irgendwo da draußen
und doch ganz tief drinnen ab. Langer, verdienter Applaus!
Links:
>> Homepage Under Byen
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>> Meldung 20.04.04: Haldern Pop - Live-Platte von Under Byen in den Läden
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Under Byen
Under Byen - Live in Haldern 2003(Haldern Pop)
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