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Gesehen! W.A.S.P. / 04.05.2007, Andernach, JUZ
Elvis has left the building
Text / Live-Fotos: Klaus Reckert
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Blackie Lawless und W.A.S.P. in der Nachbarschaft: Den einen verheißt das einen Abend mit 80er-Jahre-Hosenkneifer-Hardrock,
für die Gläubigen aber ist es so etwas wie die heilige Messe, vom Papst selbst gelesen. Das muntere Trüppchen, mit
dem der rasende POP FRONTAL-Reporter die Wallfahrt nach Andernach aufnimmt, ist eindeutig der zweiten Gruppe zuzurechnen. Man
reist der kultisch verehrten Band, wenn es irgendwie geht, zu jedem Gig in D-A-CH und Benelux nach, ist dabei selbstredend
vorschriftsmäßig gekleidet (15 Jahre alte Band-Shirts werden bevorzugt) und weiß einfach alles über
W.A.S.P. und ihren Frontmann.
Und das aus teils
allererster Hand: Einer der Pilger hat Blackie (der übrigens
abgebrochener Jurastudent ist) beim Studium in den USA kennengelernt,
woraufhin der Star später in Deutschland bereits bei ihm
übernachtet hat. Solche Details heben den Status unter Fans
natürlich ins nur noch schwer Vorstellbare. Gleichzeitig wird
unsere Vorstellungskraft aber auch vom Veranstalter strapaziert, der
den Einlass aus nicht erkennbaren Gründen und ohne entsprechende
Durchsage um gut eine Stunde nach hinten verschiebt. Und das bei
ordentlicher Hitze in der Andernacher Pampa - und ohne einen
Getränkestand in Sicht.
Nachdem auch diese
Prüfung überstanden ist, gilt es noch gleich zwei
Vorgruppen zu überdauern, so jedenfalls die Einschätzung
der Pilgersleut'. Und tatsächlich animiert der Powermetal der
Koblenzer Ra's Dawn und das Rockstar-Gehabe von Sänger Olaf
Reimann auch den Rezensenten erstmal dazu, den eigenen
Flüssigkeitshaushalt wieder aufzupeppen. Das norwegische
Metal-Quartett Triosphere um Sängerin/Bassistin Ida Haukland
ruft allerdings bald wieder vor die Bühne. Ihre anspruchsvolle
Spielart von Powermetal kennt deutlich progressive Strukturen, ja
erinnert im Riffing teils sogar an Dream Theater ("Silver
Line").
Doch letztlich hat sich
die Gemeinde natürlich nur für eines und einen hier
versammelt: Blackie! Der zu den apokalyptischen Klängen von "The
End" der Doors dann auch endlich die Bühne betritt, auf der
sein zärtlich "Elvis" genanntes Reittier, eine Art
verchromter Knochenjochen, schon ebenso ungeduldig auf ihn wartet,
wie die Pilger. Mr. Lawless führt Band und Fans mit fester Hand
durch ein Set, das geschickt Uralt- ("On Your Knees") mit
topaktuellem ("Take Me Up") Material verheiratet. Die neuen
Stücke wie das den US-Überfall auf den Irak thematisierende
"Heaven's Hung In Black" überzeugen live ebenso wie
das aktuelle Line-Up - allen voran Mike Duda an Bass und
Extremposing.
Das Publikum ist
begeistert, nein, religiös ergriffen. Die ehedem berüchtigte
Live-Show, bei der früher (Kunst-)schweine zersägt und
Jungfern von Dobermännern belästigt wurden, ist heutzutage
allerdings ungefähr so schockierend wie Alice Cooper auf dem
Golfplatz. Dennoch gehen Aufschreie durch die Menge, als sich Blackie
das erste Mal auf seinen Elvis wirft und von dieser Anhöhe
schaukelnd die Ovationen dirigiert. Es passt dann auch zum Stil einer
Band, der ihre Fans tatsächlich wichtig sind, dass einige
Bandmitglieder nach dem Zweistunden-Gig dann noch lange Autogramme
geben, während die Bühne schon abgeräumt ist und Elvis
schon lange wieder in der Kiste schlummert...
Setlist:
Medley (On Your Knees, Electric Circus, Hate To Love Me)
L.O.V.E. Machine
Wild Child
Take Me Up
Real Me
The Idol
I Wanna Be Somebody
Heaven's Hung In Black
Chainsaw Charlie
Blind In Texas