29.11.2004; Text: Klaus Reckert
Willie Nelsons Superstar-Treck
Aus der Dr. Oetker Rezensionsversuchsküche: Was kann dabei herauskommen, wenn ein bekennender
Countryhasser auf Willie Nelson stößt? Weit weniger Schmerzen, als erwartet, denn zum
einen ist Meister Nelson ja nicht umsonst einer der Wegbereiter des "New" oder auch "Alternative
Country", und zum anderen bietet er bei diesem Konzert, das wie auch schon "Stars And Guitars" sowie
"Live And Kickin" für das US-Fernsehen produziert wurde, eine derartig buntgemischte Freundes-
und Starriege auf, das für so ziemlich jeden Musikgeschmack etwas dabei ist.
Beim Auftritt im Wiltern Theatre zu Los Angeles von diesem Frühjahr führt der Schauspieler und Nelson-
Freund Caan (unaufdringlich) durch ein Programm, wo zu jedem Nelson-Stück mindestens ein bis zwei
Größen der amerikanischen Musikkultur durchs Bild reiten: So wird etwa "Georgia On A Fast Train/Ramblin'
Fever" zu einem genüsslichen Kulturschock, da der Faxenmacher und Gitarrenhexer Joe Walsh (u.a. Eagles)
hier auf den weit betulicheren Merle Haggard trifft.
Die musikalisch schwächste, aber auch durch ihr letztliches Scheitern urspannende Nummer ist "You Win Again",
zu dem Bob Dylan als Einziger mit tief säuerlichem Gesicht wie festgedübelt auf der Bühne steht und
abermals dokumentiert, dass er nicht zum Duettgesang geboren ist: er liegt sowohl vom Tempo wie vom Ton permanent
Steinwürfe weit daneben. Doch es gibt ja auch noch das funkige "Shotgun Willie/Shotgun Bobby", bei dem
Kid Rock für moderne Stilzutaten sorgt, die Rhythm'n Blues- und Soul-Nummern "Funny How Time Slips By" und
"Rainin' In My Heart" mit Al Green, zwei Tracks mit der lieblichen Shelby Lynne (die vor allem beim
Jazzstandard "Stormy Weather" überzeugt); Carole King bringt mit "Will You Still Love Me Tomorrow"
sogar eines ihrer eigenen Stücke mit zum Outlawfest.
Für Reggae-Einflüsse sorgt Toots Hibbert ("Still Is Still Moving To Me"). Ben Harper bringt Allman
Brothers-Gefühle zum Aufwallen ("Midnight Rider"), und Rickie Lee Jones ("Comes Love") ist,
was sie immer ist: her own phantastic self. Bei einem derartigen Staraufgebot darf dann beim Showdown selbst
Keith Richards Rhythmusgitarre nicht fehlen. Auffallend gut auch die "Hausband" des Wiltern Theatre, deren
Bläsersektion sich auch vor Chicago, Kick Horns und Tower Of Power nicht zu verstecken braucht.
Fazit: Vergnügliche 88 Minuten guter, handgemachter Musik ohne irgendwelche Scheuklappen.
Das beigefügte (nicht im TV gesendete) "Behind The Scenes" ergänzt den guten Eindruck noch durch
reichlich Rumgealber, Backstage-Umarmungen und Probenkelleratmosphärik.
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Willie Nelson & Friends - Outlaws and Angels(Eagle Vision / Edel)
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