Seit Eurer Gründung 1989 habt ihr nur drei Alben veröffentlicht.
Ihr habt euch im Streit von eurem Label getrennt und euch danach für
fünf Jahre in einem Haus verbarrikadiert, in dem ihr an "The
Meadowlands" gearbeitet habt. Das Album ist mittlerweile drei
Jahre alt, aber erst jetzt kommen so langsam die Zuschauer zu euren
Shows. Fühlt sich das nun an wie ein später Triumph?
Greg Whelan: Die Tatsache, dass die Leute unser letztes Album mochten,
und wir in den Staaten jede Location ausverkaufen, in der wir
spielen, ist großartig. Auch hier in Deutschland kommen jetzt
immer mehr Leute zu unseren Shows. Aber selbst, wenn nur zehn Leute
da wären heute Abend - es wäre ok. Für uns ist es
einfach toll, in der Weltgeschichte herumzureisen und unsere Musik zu
machen für Leute, die sie zu schätzen wissen. Das ist sehr
befriedigend.
Was
hat Euch angetrieben über all die Jahre?
Greg
Whelan: Das war schon eine sehr bizarre Zeit, auch wenn wir uns
irgendwann daran gewöhnt hatten, dass alles hart, schwierig und
langwierig ist. Andererseits: Wir sind nun wirklich nicht die einzige
Band der Welt, die Probleme mit ihrem Label hatte. Nachdem wir uns
von Grass/Dutch East India getrennt hatten, mussten wir uns erst
einmal wieder klar darüber werden, wohin es mit unserer Musik
gehen soll. An "The Meadowlands" saßen wir fast fünf
Jahre. Wir hatten dabei aber immer das Gefühl im Hinterkopf,
dass wir dieses Album fertig machen würden. Für uns stand
fest: Wir veröffentlichen es, und wenn niemand sich einen Scheiß
darum kümmert, dann haben wir es wenigstens versucht. Das hat
uns wohl am meisten angetrieben. Eines Tages haben wir uns
schließlich entschlossen, den ganzen Businesskram und den
Labelnerv zu vergessen. Wir haben uns gefragt: Warum sind wir The
Wrens? Weil wir Spaß dran haben, zusammen Musik zu machen und
Songs zu schreiben, und darauf haben wir uns konzentriert. Als wir an
diesem Punkt angekommen waren, wo uns eigentlich alles egal war,
wurde alles viel leichter. Die Songs hörten sich plötzlich
auch besser an.
Gibt
es das Haus in Secaucus, in dem ihr die Jahre während der
Aufnahmen zu „The Meadowlands“ gelebt und gearbeitet
habt, eigentlich noch?
Greg
Whelan: Eigentlich sind das mehrere Häuser gewesen. Wir
mussten dauernd umziehen. Wir begannen mit den Arbeiten am Album in
Secaucus, das waren die sehr dunklen Tage, ann zogen wir in ein neues
Haus um und bekamen ein neues Gefühl. Aber auch da konnten wir
nicht lange bleiben,und so entschieden wir uns, zurück nach
Secaucus zu gehen, und beendeten das Album dort. Aber dann verkaufte
es der Typ, dem es gehörte. Ich wollte ohnehin mit meiner Frau
zusammenziehen. Während wir also die Immobilienanzeigen
studieren, fällt uns diese Annonce auf von einem Haus, das
direkt gegenüber von unserem alten Bandhaus ist. Wir rufen Kevin
an, der das Haus direkt kauft und mit Charles einzieht. Das ist jetzt
das neue Bandhaus, während Jerry mit seiner Frau und seinen drei
Kindern und meine Frau und ich unsere eigenen Häuser haben.
Wo
haben sich Eure Wege das erste Mal gekreuzt?
Greg
Whelan: Charles und ich sind zur gleichen High School gegangen,
wir gehörten aber völlig unterschiedlichen Szenen an. Ich
war der Sportler, während Charles schon damals in einer Band
spielte. Kevin kannte unseren Drummer Jay, weil Kevin damals mit
einem Mädchen ging, das beide kannten. Die ist wiederum heute
die Frau von Jay. Das war alles sehr kompliziert. Kevin war dann im
College, und wir machten zusammen ein Demotape, das wir an alle Clubs
in New Jersey und New York schickten. Jemand bot uns daraufhin an,
als Vorband für The Fixx zu eröffnen. Also mussten wir
schnell einen richtigen Gitarristen besorgen. In unserer Heimatstadt
gab es diese Partys, wo Leute zusammenkamen, die ein Instrument
spielen konnten. Man jammte da einfach rum oder spielte Coversongs.
Die Leute saßen da, hörten zu und tranken. Kevin sprach
also Charles an und fragte ihn, ob er uns bei dieser einen Show
aushelfen könnte. Und Charles sagte: "In Ordnung, das eine
Mal." Und 18 Jahre später siehst Du ihn da hinten sitzen
(lacht).
Wart
ihr Euch nach all der Zeit nicht irgendwann einmal überdrüssig?
Greg
Whelan: Man hört von all diesen Bands, die sich nach ein
paar Jahren einfach nicht mehr ausstehen können, nicht mehr
miteinander reden und all das. Natürlich streiten wir uns auch.
Aber wir sind wie eine Gang. Vielleicht liegt es aber auch daran,
dass wir jetzt schon so lange unsere Musik machen, und damit etwas
haben, was nur wir vier genau so teilen - was auch niemand anderes
nachempfinden kann.
Anfang
des Jahres hieß es, ihr plant ein neues Album für den
Herbst. Ist dieser Zeitplan noch aktuell?
Greg
Whelan: Ähem, wir halten uns ja nie an Zeitpläne
(lacht). Obwohl wir es dieses Mal eigentlich hätten schaffen
können. Wir waren eineinhalb Jahre lang in den Staaten auf Tour,
dann kam das Album in England und Deutschland heraus, und plötzlich
sollen wir überall spielen. Das Problem ist: Drei von uns haben
ja noch ganz normale Jobs. Das heißt: Wir arbeiten die ganze
Woche, springen ins Flugzeug und treten auf und gehen am Montag
wieder zur Arbeit. Da muss sich der Zeitplan dementsprechend
verschieben. Jetzt sieht es so aus, dass wir Ende des Jahres mit den
Aufnahmen für das neue Album beginnen.
Das
klassische Doppelleben des 9 to 5-Workers, der sich in der Nacht in
einen Rockstar verwandelt...
Greg
Whelan: Vielleicht können wir unsere Jobs ja nach der
nächsten Platte an den Nagel hängen. Hoffentlich. Ich
meine: Wie könnte man nicht? Es macht einen Heidenspaß.
Diese Typen, die da von "harter Arbeit" schwafeln, ich
bitte Dich! Es gibt Leute, die den ganzen Tag auf Baustellen ackern
oder in gleißendem Sonnenlicht tiefe Löcher ausgraben --
DAS ist harte Arbeit. Musik machen für Menschen, die deine Musik
mögen, das ist ein lächerlich einfacher Job.
Da
ist euer Alter aber vielleicht auch ein Vorteil. Ihr macht euch nicht
mehr so viel Stress...
Greg
Whelan: Jedes Mal, wenn uns jemand nach einem Rat fragt, weil wir
alte Knacker sind, sagen wir: Entspann Dich. Du musst nicht alles auf
eine Karte setzen. Gerade jetzt, wo es durch das Internet so viele
Möglichkeiten gibt, Hörer für Musik zu finden, ohne
dass man einen fetten Plattenvertrag in der Tasche hat, da muss man
nicht ausflippen.
Aber
man muss auch erst mal an diesen Punkt kommen...
Greg
Whelan: Ja, ich glaube allerdings auch, dass die meisten Bands,
wenn sie an diesen Punkt kommen, entweder unsere Haltung einnehmen
oder sich auflösen.
In
den Songtexten habt ihr diese Zeit des Zweifelns auch direkt
aufgenommen. Ein weiteres Thema waren Probleme mit Beziehungen. Worum
geht es auf dem neuen Album?
Greg
Whelan: Momentan ist es noch nicht wirklich klar. Es werden
wahrscheinlich wieder einige dunkle Geschichten darauf sein.
Vielleicht schauen wir auch ein wenig zurück und befassen uns
mit der jetzigen Situation. Klar ist: Wir wollen nicht bloß ein
„The Meadowlands II“ machen. Es wird ein Schritt auf ein
neues Level sein, was immer das auch sein mag.
Schreibt
ihr eigentlich alle die Texte?
Greg
Whelan: Charles, Kevin und ich schreiben - und manchmal schreibt
auch Jerry, und dann stellen wir sie uns gegenseitig vor. Wenn jemand
etwas ganz Übles geschrieben hat, bekommt er sein Fett weg. Wir
kritisieren uns schon sehr. Das geht immer so hin und her.
Kennst
Du den Film „Lola rennt“ von Tom Tykwer?
Greg
Whelan: Ich habe davon gehört, aber ihn nicht gesehen.
Tykwer
arbeitet sehr viel mit Musik, er komponiert und spielt viele Stücke
der Filmmusik selbst ein. Ein Großteil seiner Initial-Ideen ist
von Musik inspiriert.
Greg
Whelan: Das ist cool.
Viele
Musiker sagen wiederum, dass sie von Filmen oder Büchern oder
natürlich anderen Bands inspiriert werden. Wie funktioniert das
bei Euch?
Greg
Whelan: Irgendwie kommt von allem ein bisschen hinein. Nicht,
dass wir eine politische Band sind, aber sogar solche Sachen, die wir
um uns herum sehen, deine Erfahrungen spielen eine Rolle. Auf unserem
letzten Album waren ja diese ganzen Beziehungsgeschichten (lacht).
Das ist immer ein Garant für gute Texte.
Hast
Du auch eines dieser kleinen, schwarzen Notizbücher, das Du
immer mit Dir herumträgst?
Greg
Whelan: Ja, wir alle haben diese kleinen Dinge. Ich trage immer
eins in meiner Tasche mit mir herum. Ich glaube, jeder hat das. Wenn
Du es nicht aufschreibst, wirst Du dich nie mehr daran erinnern.
Über
die Wrens wird gerade ein Dokumentarfilm gedreht. War das Team auch
bei den Deutschland-Gigs dabei?
Greg
Whelan: Ja, sie begleiten uns seit dem Meadowlands-Release in den
USA vor drei Jahren und haben alle US-Gigs verfolgt. Sie horten
mittlerweile hunderttausend Stunden Material von uns und haben jeden
interviewt, der irgendetwas mit uns zu tun hat: von meiner Mutter bis
Conor Oberst, der ein sehr guter Freund von uns ist. Sie wollen den
Film mit den Aufnahmen zum neuen Album enden lassen.
Soll der Film im TV/Kino laufen?
Greg
Whelan: Sie werden es bei allen Independent-Festivals versuchen.
Wir wünschen ihnen natürlich nur das Beste, weil sie
wirklich großartige Arbeit leisten und so nette Typen sind.
Aber wir denken eher: Wer will sich schon eine Doku über uns
anschauen? (lacht).
Selbst,
wenn es kein Kassenschlager wird. Ihr könntet euren Enkeln
beweisen, dass ihr mal in einer Band wart...
Greg
Whelan: Genau. Guck hin, Kind! Ich war auch mal cool! Ich war
nicht immer dieser alte Typ, der nur noch in der Gegend herumsitzt.
Vielen
Dank für das Gespräch!
Links:
>> Künstlerinfo The Wrens bei POP FRONTAL
>> Homepage The Wrens
>> Konzertbericht The Wrens, 31.03.2006 (Münster) bei POP FRONTAL
>> The Wrens: The Meadowlands - Reinhören und Kaufen bei amazon.de
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