Endlich konnte dieser weiße Fleck auf der persönlichen Festivalkarte Deutschlands getilgt werden - die legendäre Zappanale! Wenn auch nur an zwei, statt der vollen Laufzeit von insgesamt vier Tagen. Doch ein Anfang ist immerhin gemacht. Da sämtliche, hohen Erwartungen erfüllt wurden, ist ein späteres Wiedersehen nicht ausgeschlossen. Das Billing zwischen Big Names und Entdeckungsfreuden, das landschaftlich schöne und großzügige Gelände, das entzückende Städtchen Bad Doberan, vor allem aber die Zappa-Freaks aus aller Herren Länder machen die Zappanale in Summe zu einem der schönsten Festivals, die unsereiner bislang erlebt hat.
Motorpsycho
Die ersten Tage der 23. Zappanale passten nur aus privaten Gründen diesmal nicht - inhaltlich hätten Highlights wie George Duke & Jean-Luc Ponty, Scott Thunes, Quantum Fantay und vor allem Magma schon sehr konveniert. Und auch vom Samstagsprogramm war aufgrund der langen Anreise bereits einiges gelaufen, als das wunderschön am Rande der Galopprennbahn zwischen Bad Doberan und Heiligendamm gelegene Festivalgelände endlich in Sicht kam. Die modernen, u.a. für Cello und Vibraphon umarrangierten, instrumentalen Interpretationen von Zappa-Klassikern seitens Bogus Pomp, zum Beispiel "Oh No", bildeten einen idealen Einstieg in diese Veranstaltung. Inhaltlich verantwortlich ist die arf-society (dazu mehr im >>Festivalbericht vom Sonntag), deren Selbstdarstellung lautet "This project was realised by and for fans in deep respect for Mr. Frank Zappa".
Einstweilen respektvolles Wiedersehen bzw. freudige Erstbegegnung mit Lutz und Ede, beide langjährige Zappanalen-Pilger und Meisterfotografen. Gemeinsame Wallfahrt von der (nur in diesem Jahr) gigantischen Main zur übersichtlichen Mystery Stage, wo das Jazzprojekt Hundehagen seine - nomen est omen - jazzrockig-fetzigen eigenen Titel sowie gelungene Interpretationen von einigen Songs des Kanons zum Besten gab, darunter "I'm The Slime" und, besonders schön, "City Of Tiny Lights". Von Dr. Dark und Gary Lucas' stark an die witzige Seite von Captain Beefheart erinnernden Vortrag hat der Rezensent selbst nicht viel mitbekommen, Augen- und Ohrenzeugen aber äußerten sich sehr positiv.
Wenn man den Namen von Acid Cobra & Art-Errorist & Zappi mal verdaut hat, kann einen der "Free" oder "Experimental Rock" bzw. "Fluxus" dieser Spitzenband um Amaury Cambuzat (guit, key, voc; Ulan Bator) und Jean-Hervé Péron (bss, tps, voc; Faust) auch nicht mehr umhauen. Péron riss ziemlich eingangs eine Saite. Ohne die Show zu unterbrechen oder Roadies zu behelligen, wechselte er die schnell selbst, verletzte sich dabei aber am Finger. Die Blutung tat seinem Trompetenspiel (vgl. Lutz' Foto) aber keinen Abbruch. Faszinierend, dass diese Formation laut eigener Aussage niemals übt.
Zeit für Motorpsycho: Für den Rezensenten ein fast magischer Auftritt und einer der künstlerischen Höhepunkte. Andere wussten mit den Trondheimern wenig bis gar nichts anzufangen. Geboten wurden sich langsam und mächtig aufbauende Kompositionen mit teils hohem Improvisationsanteil, Space meets Grandiloquence meets Heavy Rock. Vieles klang hier an, nur die aktuelle Motorpsycho-Großtat "The Death Defying Unicorn" klingt zumindest als Konserve völlig anders - vermutlich mangels Keyboarder Stale Storlokken und mangels Orchester.
Über die Talente von DeWolff ist hierorts schon manches Loblied gesungen worden. Neben der Galopprennbahn, at the races also, bewies sich die Live-Band abermals als sichere Bank. Während manch einer der Nur-Zappanale-Besucher und Heavy Guitar Day-Verächter schon abreiste oder bereits unterwegs war, heizte das niederländische Trio den Verbliebenen mit ihren stark 70er-geprägten kürzeren Songs gewaltig ein, um ihnen dann mit einer Mini-Rockoper (Seite B ihrer aktuellen LP "IV") wieder das volle Psychedelik-Brett zu bieten.