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Gesehen! dEUS, Mammút / 12.05.2006, Leipzig, Werk II
Belgische Perfektionisten
Text: Florian Steglich
dEUS-Frontmann Tom Barman hat nach eigener Aussage in letzter Zeit nur selten
zeitgenössische Musik gehört. Umgekehrt sieht es sicher anders aus:
Musiker wie Thom Yorke, Gavin Rossdale oder Michael Stipe sind bekennende dEUS-Verehrer,
Bands wie Cooper Temple Clause und Electric Soft Parade weisen erkennbare Nähe
zum Sound und Songwriting auf. An diesem lauen Maiabend in Leipzig aber sollten
die Belgier unter Beweis stellen, dass an dEUS‘sche Perfektion so schnell
niemand heranreicht.
Vor der Halle des Werk II herrscht lauschige Biergartenatmosphäre, bei Ankunft
schallt zwischen den Gläsern schon der Gitarrensound der Vorband durch. Mammút
aus Reykjavik sind drei Mädels und zwei Jungs zwischen 16 und 18 Jahren und
machen mit hübscher Sängerin und durchaus überzeugendem Clap-Your-Hands-Indie
Lust auf mehr. Die auf isländisch gesungenen und spätestens dadurch
eigenständigen Songs machen auch Tom Barman Spaß. Der wippt in der
Mitte der Zuschauer gut gelaunt mit und applaudiert engagiert, um kurz nach dem
letzten Song dem Mischer letzte Anweisungen zu geben und im Backstagebereich zu
verschwinden.
Bevor es losgeht, eicht ein Techniker auf der Bühne die Mikrophonständer
per Maßband zentimetergenau auf die korrekte Höhe. Das hat man so vorher
auch noch nicht gesehen. Es ist nur bezeichnend für das, was kommen wird.
Wird es auch beim Noise-Industrial-Intro noch nicht wirklich deutlich, so ist
man spätestens nach den ersten zwei Songs begeistert: Der Sound ist glasklar.
Das ist nicht immer so im Werk II. Dazu kommt eine beeindruckend aufwendige Beleuchtung,
präzise auf die Musik abgestimmt. Unangenehmes Stadion- und Stargefühl
kommt trotzdem in keiner Sekunde auf. dEUS bleiben bei aller Ausgefeiltheit eine
europäische Indierockband. Eine mit ausdauernden Fans. Dieses Konzert ist
das erste seit sieben Jahren in Leipzig und das letzte der aktuellen Tour - zwei
Gründe, die es für die Glücklichen vor und auf der Bühne zu
etwas Besonderem machen.
dEUS spielen sich - es war zu erwarten und wird dadurch nicht schlechter - durch
ein Best-of-Set ihrer 14-jährigen Bandgeschichte. Gut durchdacht folgt auf
den Krach die Ballade, auf saftig relaxed. Nicht wenige Die-Hard-Fans singen jede
Zeile euphorisiert mit. Höhepunkte liefern dEUS zuhauf: "Instant Street",
"Fell Off The Floor, Man" und - natürlich - "Suds & Soda",
dieses mit einem überraschend gut funktionierendem Ausflug zu Beastie Boys'
"Sabotage". Das 2001er Album "No More Loud Music" hat ganz
offensichtlich die meisten Jünger zur Band gebracht. Als dann noch der letzte
Song des Zugabeteils auf Publikumszuruf ausgewählt wird, sind alle vollends
zufrieden gestellt. Es sollte sich in den Allerwertesten beißen, wer diesen
Abend verpasst hat - und das waren bei gerade einmal halbvoller Halle nicht eben
wenige.