Kann ja alles sein kommt im warmen Klanggewand vom Folk und Rock der 70er daher, aber die Songs sind individuelle Maßanfertigungen in modernem Schnitt. Accessoires von Surf-, Desert-, Krautrock und New Wave schlenkern u?ber einem unbeirrten, aber unzuverla?ssigen Takt.
Schon beim ersten Ho?ren spricht aus Braake dieser anziehende Eigensinn: Ein Faden, den man unwillku?rlich zwischen den eigenen Fingern wiederfindet, gesponnen aus trockener Einsicht, beila?ufigem Trotz und poetischer Phantasie. Und ohne es zu merken, ist man schon mitten in der Geschichte. So wie man am Rand einer langweiligen Party den Faden einer Anekdote aufnimmt, als man gerade gehen will. Und mit einem Mal nicht nur das Ende kennen, sondern auch die Einzelheiten noch weiter ausgeschmu?ckt wissen will. Mit diesen neuen Freunden kann man weiterziehen.
An Gitarre, Bass und Schlagzeug, wo sich Benno Bings, Till Schomburg und Gregor Zenns in ihrer Berliner Stadtrandjugend kennenlernten, blieben sie auch sitzen. Eine schwer greifbare Lethargie und verkappte Wut ist Braake von dem Abend auf dem Schuldach, an dem ein erster Song zusammengesetzt wurde, bis heute geblieben: Ich find es nicht sehr angenehm, so verstanden zu sein, wenn ich nichts zu verstehen geb? und auch nichts verstanden hab. Geblieben ist auch die Neigung ru?ckwa?rts in die 60er und 70er. Mit deren Sound ging ihnen die Leidenschaft fu?rs Musikmachen gemeinsam auf: eine Tu?r in den Purple Haze ihres inneren Hinterzimmers.
Aus den Schulpausen wurden die Semesterferien. Die Songs legten sich unbemerkt aufeinander, u?ber einige Jahre hinweg, im Proberaum, einem Turmzimmer hoch u?ber der Stadtautobahn: Was fu?r ein stiller Tag. Wir reden auf unsere Weise. Die Steine, die wir beide schmeißen, ziehen unkonzentrische Kreise.
Bei einer Session auf dem großelterlichen Hof im niedersa?chsischen Brake fa?delt sich dann mit Camillo Kießig eine zweite E-Gitarre in die Songs, feinfu?hlig bis zum Verzagen, aber wenn man darum bittet, auch schneidend, schra?g und ungestu?m. Produzent Julian Colin, der bereits mit Ku?nstler:innen wie Tristan Brusch oder Trille zusammenarbeitete, bekommt die Aufnahmen des entstandenen Demoalbums zu ho?ren: im Anhang ein Ordner namens Brake. In erschreckender Unkenntnis des Hundert-Seelen-Dorfes ha?lt er das fu?r den Namen der Band. Doch wer schon so lange an flu?ssigen deutschen Lyrics arbeitet, will ungern fu?r eine englische Bremse gehalten werden. Braake it is.
Colin wird nicht mu?de werden, die Band aus ihrem nostalgischen Dornro?schenschlaf zu wecken, um die Songs frischer und bissiger auszugestalten. Die Schwere, die ihnen anhaftet, u?bersetzt er in einen satten, analogen Klang. Und die Band wird immer wieder den Kopf vom Instrument heben, horchen und sagen: Ja.
Sein untru?gliches Gespu?r fu?r diese spezielle Musik wird Colin ein paar Jahre spa?ter vorne u?berkippen lassen in die nun vollsta?ndige Band. Der Produzent im Haus erspart dem Zimmermann eine Reserve-Axt oder wie es heißt, jedenfalls sind Braake nun zu fu?nft. Zuru?ckgekehrt in ihre Heimatstadt kommt die Pandemie und so bauen sie sich zuna?chst ein eigenes Studio fu?r den eigenen Sound.
Kann ja alles sein kommt im warmen Klanggewand vom Folk und Rock der 70er daher, aber die Songs sind individuelle Maßanfertigungen in modernem Schnitt. Accessoires von Surf-, Desert-, Krautrock und New Wave schlenkern u?ber einem unbeirrten, aber unzuverla?ssigen Takt. Im Na?herkommen ho?ren wir ein fremdes Selbstgespra?ch, das die Wo?rter u?ber die Fingerkno?chel wandern la?sst wie alte Mu?nzen. Da blitzen Sa?tze auf, die uns noch bis zum Abend nachgehen: Ja mit dir in der Menge genieße ich auf einmal das Gedra?nge, komm wir ziehen unsre Ko?rper und Tage durch unsre Liebe in die La?nge.
Der in die Jahre gekommene Ausspruch, jedem Anfang wohne ein Zauber inne, wird mit der Vero?ffentlichung dieses Debu?talbums wieder einmal einen glu?cklichen Volltreffer landen ? und bis auf einige Zeit gelten. Und erneut ab jedem Ho?ren dieser wahrhaft neuen Newcomer. (Text: Presseinfo)