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Gesehen! Portugal. The Man, The Builders And The Butchers / 20.11.2009, Frankfurt, Batschkapp
Aus dem Nebel in den Nebel
Text: Claudio Castello Live-Fotos: Giulia Daley
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Verdammt schnell: Da vergeht seit Erscheinen ihres neuen Albums gerade mal ein halbes Jahr, schon schreiben Portugal. The Man wie fleißige Bienchen am Nachfolger, und das trotz ständigen Tourens. Man darf gespannt sein, gegenwärtig interessiert allerdings das aktuelle "The Satanic Satanist". Während im Sommer bereits einige Konzertgänger hierzulande in den Genuss kommen durften, haben die Amerikaner auf ausgedehnter Deutschlandtour auch Frankfurt mit viel Nebel und noch mehr Popmelodien bedacht. Schön, dass die Batschkapp an diesem Abend gut besucht ist - so hat eine größere Menge nämlich außerdem die Möglichkeit, die hervorragende Vorband kennenzulernen.
The Builders And The Butchers heißt die Kapelle und schmückt ihr Set mit allerlei Zitaten amerikanischer Rockmusik. Auch dabei ist übrigens Portugal. The Man-Keyboarder Ryan Neighbors und Bassist Zach Carothers, noch mit Mütze, der sich für einen Song am Banjo austobt. Der rot behaarte, etwas korpulente Hüne und Sänger von The Builders And The Butchers trällert dabei dunkle und morbide Texte und greift neben Gitarre auch auf Mundharmonika zurück. Besonders erfreulich ist, dass trotz der Instrumentenvielfalt - neben Gitarre, Bass, Drums kommen auch Mandoline, Trompete, Banjo, Mundharmonika, Piano und diverse Percussion-Instrumente zum Einsatz - der Sound ausbalanciert und klar definiert klingt, definierter sogar, als der der Hauptband. Voll und kernig ist er, haut an den richtigen Stellen rein und lässt die pumpenden, repetitiven Linien der Rhythmussektion trotzdem gut zur Geltung kommen. Was die freundlichen Typen aus Portland, Oregon dort veranstalten, macht offensichtlich auch dem Publikum Spaß. Und schon hofft man im Stillen, dass diese hervorragende Live-Band schleunigst wiederkommt.
Nach einem kleinen Intermezzo mit außergewöhnlich homoerotischer Cowboy-Musik inklusive vielen "Jippie-Aye-Yeahs", die aus den Boxen wabbert, ist die Umbaupause auch schon vorüber und die Bühne präpariert für Portugal. The Man. Die Band schält sich aus weißen Nebelschwaden und holt das Publikum direkt mit musikalischen Tanzaufforderungen ab: Das poppige "People Say", der Eröffnungssong des aktuellen Albums, lässt die Leute trotz oder gerade wegen des Kontrasts von textlich leichten, politkritischen Ansätzen ("All the soldiers say / it'll be alright, we may make it through the war/ if we make it through the night. All the people, they say: / what a lovely day, yeah we won the war / may have lost a million men, but we've got a million more") und seiner Feelgood-Melodie frenetisch mitträllern und tanzen. Die euphorische Stimmung halten sie mit dem treibenden "AKA M80 The Wolf", einem Lied ihrer früheren Phase, in der vertrackte Prog-Elemente auf Indie- und Postrock treffen. Leider spielen sie an diesem Abend bedeutend weniger Songs ihrer alten Alben (immerhin vier), als man hätte erwarten können.
"Waiters" und "Marching With 6" sind eben solche Perlen, die Portugal. The Man allerdings in abgespeckten Versionen interpretieren. Schade auch: Bei zu vielen Songs neigen sie zu ausufernden, aber wenig kreativen Enden, jam-ähnlich, doch ohne Improvisationen, dessen Muster immer wiederkehren und deshalb schon nach dem ersten Mal voraussehbar sind und zudem überflüssig wirken. Sänger John Gourley wahrt zur Freude der weiblichen Anhänger sein Image als gefühl- und geheimnisvoller Frontmann. Er hält sich seitlich zum Publikum und überwiegend unter seiner gigantischen Schiebermütze und den immer wieder schwelenden Nebelwänden versteckt. Trotzdem verleiht er den Songs zusätzlich Ausdruck und präsentiert zum soulig bis kreischigen Gesang ein Emotionskino aus wiegenden Bewegungen und verzerrten Gesichtszügen.
Und überhaupt, für den Gesang haben Portugal. The Man ein großes Lob verdient. Sowohl Bassist Zach Carothers, der sein Haupt schüttelt, wild tobt und zuckt, als auch Keyboarder Ryan Neighbors ergänzen die Leadstimme perfekt. So können sich die stark poppigen Melodien der neuen Songs "The Sun", "Do You", "Everyone Is Golden" und "Mornings" zu voller Pracht entfalten, und das Publikum wird schneller eingebunden. Auch wenn das Set bereits zur Hälfte seine Klimax überschritten hat: Portugal. The Man haben ganze Arbeit geleistet. Als Zugabe noch ein heftiges "Chicago", und alle dürfen zufrieden sein. Und schon verschwinden die Jungs aus Alaska wieder dorthin, wo sie hergekommen sind - im Nebel.