20.09.2004; Text: Klaus Reckert
Das vorliegende Material ist einerseits historisch (bereits '86 im Coliseum zu
New Haven aufgezeichnet und '89 als VHS veröffentlicht), anderseits liegt
es jetzt erstmals auf DVD vor und passt durch die aktuelle VH-Reunion Tour perfekt
in die heutige Zeit. Nach dem Zwischenspiel mit Ex-Extreme-Sänger Gary Cherone
sind Eddie (guit) und Alex Van Halen (drms) sowie Michael Anthony (bss) ja jetzt
wieder mit Sammy Hagar (voc, guit) vereint und derzeit auf einer schier unendlichen
US-Tour unterwegs.
Zur DVD: Trotz Wahlmöglichkeiten zwischen Dolby Digital und DTS 5.1 Surround
bleibt der Sound eher Vintage-mäßig dumpf, und auch die Bildqualität
hat einen gewissen milchigen Charme. Dafür aber zeigt das '86er Konzert von
der "5150"-Tour - der ersten nach dem Ausscheiden von Ur-Sänger
David Lee Roth - die damals noch sehr fröhlichen Jungs in der Form ihres
Lebens. Denn seither hatte man neben Besetzungswechseln und teils unzufriedenen
Fans auch die zentrale Krise von Eddies Krebserkrankung zu überstehen. Doch
von all dem war hier noch nichts zu ahnen, ein fröhlich kettenrauchender
Eddie springt wie ein Derwisch über die in Plateaus unterteilte Riesenbühne,
und der als Montrose-Gitarrist und Solo-Künstler mit eigener, vorzüglicher
Band in USA sehr erfolgreiche Sammy Hagar zeigt, welche Bereicherung er für
den Bandsound darstellt: Schon bei der den Gig eröffnenden Hagar-Nummer "There's
Only One Way To Rock" spielt Sammy eine mehr als amtliche Gitarre. Er zeigt
zwar deutlich weniger Brusthaar, als sein hierfür wie auch für Spagatsprünge
berühmter Vorgänger Roth, befindet sich aber gleich diesem über
weite Strecken mehr in der Luft als auf dem Bühnenboden. Er ist ein gediegener
Gitarrist, starker Sänger in der - verglichen mit dem Vorgänger - etwas
süßlicheren Tradition eines Sebastian Bach, aber so "cool"
wie Roth ist er halt nicht.
92 Minuten Laufzeit reichen dem Mitschnitt für elf Songs sowie die obligatorischen
Programmpunkte Drumsolo (mit gewissem Bierholengehen-Faktor), Bass-Solo (bei dem
Michael mit seinem Jack Daniels-Bass eine Show abzieht, die ihm überall sonst
eine sofortige Einweisung in ein Landeskrankenhaus verschaffen würde) sowie
natürlich Eddies Gitarrensolo-Spot. Dieses hangelt sich u.a. an Material
vom Van Halens Ruhm begründenden Stück "Eruption" entlang,
ist eine atemberaubende Tapping-Lehrstunde und bleibt vor allem - da wo andere
Gitarrenhexer schnell mit ihren Könnensbeweisen ermüden - pure, musikalische
Magie. Sympathisch, dass noch ein weiteres Hagar-Stück ("I Can't Drive
55") ins Set integriert wurde, das nur bei "Red" oder "Jump"
echte Lücken zeigt. Mit Can Can-Tänzen aller drei Saitenvirtuosen zu
Led Zeppelins "Rock And Roll" klingt ein hochenergetisches Stück
unverwüstlichen Stadion Rocks aus.
PS: Das in der Labelinfo in Aussicht gestellte "rare Dokumentationsmaterial"
ist nicht enthalten.
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Van Halen: Live without a Net (DVD)
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