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Gesehen! 15. Wacken Open Air / Wacken, Festivalgelände auf der Wiese, 3.Tag: 07.08.04

Drink A Lot!

Text: Klaus Reckert     Fotos: Stephan Kunze

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Der dritte begann mit gleichbleibender Oberhitze (By the way: Den Fenistil-gesalbten "Horny Henry“, den Festivalmaskottchenstier am Band würden wir gerne den Mitarbeitern verleihen dürfen, die in glutheißen Pavillons an Zapfhähnen stehend, an denen Wespen wie Weintrauben hingen, dennoch mit Todesverachtung ihrer durstigen Kundschaft kühlendes, süßliches Nass wie Cola oder Sprite zu servieren bemüht waren. Respekt..!) und dem an diesem Morgen etwas knödelig von der Party Stage tönenden Mystic Prophecy.

Saxon @ Wacken Open Air

Saxon

Trotz Ausnahmeklampfer Gus G (Ex- Dream Evil) zündeten "Forgotten Soul" (von "Regressus") oder auch der Ausblick aufs noch kommende "Neverending"-Album "Burning Bridges" erkennbar nur bei einigen der wenigen vor der Party Stage erschienenen Unentwegten.

Statt zu Death Angel trieb uns nun Neugier oder auch selbstquälerische Züge vor die Jim Beam Stage. Die Crew eröffnete den Karaoke-Reigen, um zu zeigen, wie es läuft, mit einer jauligen Version von Ozzys "Dreamer", die ihren Zweck voll erfüllte: DARAUFHIN traute sich nun manch eine(r) zur nicht geringen Freude u.a. aller im Paulaner-Biergarten der Dinge harrender Kunstkritiker.

Gigantische Staubwolken vor der Party Stage signalisierten nun die Aufnahme der Feindseligkeiten seitens Ungarns Antwort auf Sepultura: Ektomorf. Klasse Hüpfcoretrash, bei dem sich die Menge nicht schonte.

Bei Unleashed waren Songs wie (Go) "Berserk" Programm: Ihr fünfzehnjähriges Bestehen feierten sie auf dem gleichaltrigen Wacken-Festival mit Klassikern wie "The Immortal" (wobei der Gesang live erheblich nuancierter ausfiel als auf Platte) oder dem Titelsong von "Hell's Unleashed" oder auch "Winterland", dem Opener des topaktuellen "Sworn Allegiance"-Albums, mit fast an Melodic Thrash erinnernden, besonders starken Gitarrenparts. Sympathische Truppe, starker Auftritt – und Old School Death Metal Gigs mit deutlicher Aufforderung zum Mitsingen erlebt man ja auch nicht alle Tage.

Da mit Floor Jansens Jauchzern und ihren After Forever schon mehr als hinlänglich vertraut, lenkte man nun seine Schritte zur offiziellen Pressekonferenz der Veranstalter hin. Hier wurde von Hesse, Jensen, Hübner (sowie vom Wacken-Security-Chef Thomas Hess, der auch Tourmanager der Onkelz ist) wenig überraschenderweise bekräftigt, dass die Entscheidung, die Bösen Os auftreten zu lassen, ganz genau richtig war, und der Eindruck bestätigt, dass Kevin & Co. eine bislang beispiellose Anzahl von Tagesbesuchern gezogen haben. Auf die Frage nach den Finanzen erfuhr die kleine erschienene Journalistenschar, dass das Festival ca. zwei Millionen Euro Kosten verursacht habe und – hoffentlich – auch rund zwei Mio. Einnahmen einspielen werde. Der Gesamtregion inklusive aller Tankstellen, Hotels etc. soll das W:O:A allerdings einen Umsatz von ca. zehn Mio. Euronen bescheren. Allerdings liefen den Veranstaltern inzwischen u.a. wegen der inzwischen zwölf festen ganzjährigen Mitarbeiter Zusatzkosten von ca. 900.000 Euro auf. Thomas Jensen: "Insgesamt freuen wir uns, wenn am Ende des Jahres genug für einen Urlaub übrig bleibt".

Damit haben Peter Tägtgrens Hypocrisy vermutlich weniger Sorgen, statt dessen sorgte sich Peter um das zu seinen Füßen dehydrierende Publikum: "Drink A Lot!". Sich selber an Wasser haltend feuerte díe Pioniergestalt des Melodic Death Metal im Folgenden eine köstliche Selektion an DM-Erfrischungen in die Menge, darunter "Eraser" von der aktuellen "The Arrival"-Scheibe, aber auch "Turn The Page" oder "Inferior Devotees", von "Hypocrisy Destroys Wacken", jenem damals vorgeblich letzten Hypocrisy-Auftritt aus '99. Damals zerstörten sie noch im Zelt, heute die Black Stage. Peter T. schaute über den Bühnenrand in die endlos wogenden Massen und teilt seine (ebenso anschaulichen wie etwas verwirrenden) Gefühle mit uns: "Ich hab noch nie den Pit von Wacken gesehen, das ist wirklich unglaublich. Es ist besser, als 2.000 Mädchen im Bett zu haben". Soll so sein. "Deathrow (No Regrets)" oder "Roswell 47" rundeten einen der aus unserer Sicht gelungensten Beiträge des ganzen Festivals vorteilhaft ab.

Schwieriger geriet’s da schon mit Helloween: So sympathisch und gleichzeitig beeindruckend die Vorband agierte, so zutiefst peinlich missriet vieles, was der Kürbiskopf am Mikro Andi Deris so anrichtete. Viel peinlichere Dummschwätzerei wird wohl auch bei Dieter Thomas Heck selten geboten, und auch die erfolgreichen Versuche von Gitarrist "Weiki" Weikath, als unzurechnungsfähig durchzukommen, halfen der Performance nicht wirklich auf. Schwachsinnige Publikumswettbewerbe ("und jetzt die linke gegen meine Lieblinge von der rechten Seite") konnten aus dem ohnehin müden "Power" (von "Time Of The Oath") auch keine Funken mehr schlagen. "Starlight", "Keeper Pt. 2", "Eagle Fly Free", "Dr. Stein" oder das von einem Sitar-Intro eingeleitete "Sigh For The World" hätten ja jede Menge Potenziale, aber der Autor wurde das Gefühl nicht los, einen Haufen zu beobachten, der sich inzwischen überlebt hat oder sich in einem Formtief wie dem Mariannengraben befindet. Dies verdichtete sich nur, als zu den alten, wunderbaren Nummern "How Many Tears" und "Future World" Gründungsmitglied Kai Hansen auf die Bühne geholt wurde, der aber leider nicht singen durfte. Wer "Walls Of Jericho" im Schrank stehen oder Helloween noch mit dem anbetungswürdigen Michael Kiske gesehen hat, wird wissen, was hier gemeint ist...

Die enorm jung wirkenden Children Of Bodom sollten diese seifigen Eindrücke allerdings alsbald wieder zurechtrocken. "Silent Night, Bodom Night", "Bodom After Midnight", "Six Pounder" oder "Every Time I Die" stellten das gerne genommene erfolgreiche Gegengift. Mit ihrer Mischung aus In Flames und Sonata Arctica, den rasend schnellen ("upright" gespielten) Keyboard-Passagen, teils als Tutti-Läufe mit Gitarren gebracht, brachten die Finnen das wohl größte Crowdsurfer-Aufgebot des Festivals in die Lüfte.

Was soll man zu den in Wacken fast alljährlich einfliegenden Saxon noch groß sagen? Für Lichtbildkünstler Stephan "die beste Liveband" der Welt, für unsereinen The Oldest Wave of British Heavy Metal - dazwischen wird irgendwo die Wahrheit liegen. Unbestritten ist, dass die Band anlässlich ihres 25jährigen Bandbestehens ein volles Pfund Kohlen ins Feuer schippte: "Heavy Metal Thunder" jagte "Dogs Of War", gefolgt vom steinalten "Backs To The Wall", "Solid Ball Of Rock", "20.000 Feet", "Traveller In Time", "Dragon's Lair", "Rock Is Our Life" (das vom W:O:A handelt), "Princess Of The Night", "747" (zu dem der ehemalige Saxon-Fellgerber Nigel Glockler die Schiessbude bemannte und sich ordentlich schlug), "And The Band Played On", "Crusader" (inzwischen ist mit Jörg Michael auch der Auswechselspieler für den etatmäßigen Drummer Fritz Randow auf der Bühne..), "Wheels Of Steel" (bei dem Chris Caffery von Savatage und Schmier von Destruction die Reihen auf der Bühne füllten), "Denim & Leather", "Forever Free" und schließlich als Zugage "Dallas, 1 PM". Puh. Übrigens hüpfte das alte Schlachtross Biff in W:O:A derartig animierend ("Jump! You fuckers are younger as I am!"), dass Saxon das Sziget-Festival in Ungarn im Anschluss absagen mussten, verletzungsbedingt. Das Konzert in Wacken endete jedenfalls noch planmäßig und mit einem keine Kosten sparenden mehrminütigen Feuerwerk.

Müdigkeitsbedingt leider nur noch teils aufnahmefähig setzte man sich nun auch noch einem der ganz wenigen Raritätenangebote des diesjährigen Billings aus: Die Black Metal-Extremlinge Satyricon agierten verstärkt durch Sänger/Gitarrist Nocturno Culto von den wegen ihren ehedem (je nach Auslegung) faschistoiden Texten umstrittenenen Darkthrone. Stücke wie "Repined Bastard Nation" gerieten nicht zuletzt durch die Beiträge der hübschen Keyboarderin wunderbar "episch", ein würdiger Abschluss for this year's Wacken Circus – wenn auch nur für den Autor, denn J.B.O. lärmten durchaus noch länger vor ihren rosa (!) Marshall-Verstärker-Türmen..

Man kann absolut verstehen, dass zum 15-jährigen Jubiläum auch so etwas wie ein Rückblick oder Querschnitt geboten werden sollte, aber die dieses Jahr aus diesem Ansatz resultierenden rund 40 Prozent Kaspermucke und 90 Prozent Re-Runs sind schon eine Beeinträchtigung. Warum sich nicht mal wenigstens etwas öffnen, mal etwas riskieren? Warum nicht mal etwas progressivere Klänge zulassen (wie lange waren – nur als zufällige Beispiel - Fates Warning nicht mehr in Deutschland, die sicher keinen Metalfan überfordern würden?), warum nicht auch mal Folk-Experimente à la Finntroll (Eläkeläiset zeigten doch, dass es ankommt), Tyr oder Turisas? Gleichzeit großes Lob in diesem Zusammenhang für das durch die "Metal Battle"-Endausscheidungen bewiesene Herz für den Nachwuchs!

 

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Links:

>> Homepage Wacken Open Air mit Running Order und Band-Page-Links

>> Konzertbericht JUZ Andernach Open Air mit Saxon, 03.07.04 bei POP FRONTAL

>> Tourinfo Saxon bei POP FRONTAL

 

Ektomorf @ Wacken Open Air

Ektomorf

 

Hypocrisy @ Wacken Open Air

Hypocrisy

 

Randszenen @ Wacken Open Air

Randszenen

 

Helloween @ Wacken Open Air

Helloween

 

Saxon @ Wacken Open Air

Saxon

 

Satyricon @ Wacken Open Air

Satyricon

 

Randszenen @ Wacken Open Air

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