Senor Coconut & his Orchestra (feat. Argenis Brito): Yellow Fever!

Senor Coconut: Yellow Fever! (Essay Recordings / Indigo)

Dieser Señor schafft es auch immer wieder, mit neuen Ideen und musikalischen Erweiterungen seines Electro-Latino-Konzepts zu überraschen. Nach Kraftwerk, Popsongs und exotischen Livegeschehen verwirklicht Tausendsassa Uwe Schmidt sich selbst einen Traum. Mit zahlreichen Kollaborateuren aus der internationalen Elektronik-Szene wie Mouse on Mars, Burnt Friedman, Towa Tei, Schneider TM, Akufen und so manchen mehr wagte sich der Mann, welcher auch als Atom Heart, Flanger, Lisa Carbon Tracks, Geeez’n’Gosh, Atom, LB etc. für Aufsehen sorgt, an die Überarbeitung der Werke vom Yellow Magic Orchestra. Wer mit diesem Namen bislang keine Erfahrungen sammeln konnte, dem sei hier kurz erwähnt, dass das japanische Elektropop-Trio 1978 von den aus Soloprojekten nicht wenig bekannten Herren Haruomi Hosono, Ryuichi Sakamoto und Yukihiro Takahashi gegründet wurde. „Abenteuerlustig, voller Charme und Bereitschaft zur kalkulierten Selbstironie vermengten sie Moroder-Disco, Kraftwerk-Elektronik-Askese, fernöstliche Folklore, klassische Klänge, Wiener Walzer, Computer-Gezwitscher, Naturinstrumente, südamerikanischen Samba und Synthesizer-Sphären-Musik zu oftmals unausgegorenen und vielfach bloß ornamentalen elektronischen Planspielen“ (meint dazu das „Pop-Lexikon“, 2002, Rowohlt). Wie nicht anders zu erwarten, schallen in der „Yellow Fever!“ Version, die sich Uwe Schmidts zehn Lieblingslieder der japanischen Gruppe vornahm, nun fröhliche sonnenverwöhnte Salsa-Electro-Rhythmen, deren Struktur mal ernsthafter, jazzorientiert, mal humorvoll elektronisch klimpernd tönen. Dass nicht nur eine ganze Schar zeitgenössischer Elektronik-Geister ersten Ranges mitmischen, sondern auch die ursprünglichen Createure selbst, spricht für Weitblick und Respekt auf Seiten des Herrn Coconuts. Zum anderen wächst dadurch, nämlich durch die genannte „abenteuerlustige“ Herangehensweise ganz unterschiedlicher Musikakteure, ein auf den ersten Blick recht komplexes Latin-Exotic-Album, das Stück für Stück besser wird und in ebensolchem Tempo seine Eingängigkeit, Witz und Melodie entfaltet. Im Gegensatz zu manch anderem Coconut-Werk trifft hier also weniger der vordergründige Popeffet ins Schwarze, dafür dürfen sich Samba, Salsa, Mambo und Co umso ausgiebiger austoben. Bläser, Percussions, Klavier und Gesang, neben elektronischem Feinschliff und Effekt, bieten die Tracks alle eine authentische Grundkulisse für den lateinamerikanischen Soundtrack. Ein weiteres Element prägt das tropisch anmutende „Fieber“ ungemein: Als Gastsänger wurde Argenis Brito eingeladen, und in der Tat öffnet der spanische Akzent im englischen Text ein weiteres Fenster in den vielschichtigen Songs. Die Vorstellung, diese Big Band live zu erleben, denn von einem puren Sehen oder Hören kann hier sicherlich nicht ausgegangen werden, verspricht ein stimmungsgeladenes Fest voller schwingender Hüften, Improvisationen und Sonnenstrahlen zu werden. Eine richtige Party eben.