Sport: Unter den Wolken - Noch nicht alles verloren

Sport: Unter den Wolken (Strange Ways / Indigo)

Über den Wolken wartet die grenzenlose Freiheit, darunter bittere Realität und Hoffnungslosigkeit. „Was hinter den Wolken vor uns liegt, kaum mehr als ein Funke, der noch glüht/ unter den Wolken liegt die Welt in ewige Dunkelheit gehüllt“, heißt es im Titeltrack des dritten Albums der Gruppe Sport. Der Nachfolger der grandiosen Platte „Aufstieg und Fall der Gruppe Sport“ dürfte das Nebenprojekt des Kante-Gitarristen Felix Müller nun endgültig aus dem Schatten seiner großen Hauptband herauskatapultieren. Ein qualitativer Quantensprung zum Vorgängerwerk, mit dem das Trio bei der Veröffentlichung von „Aufstieg und Fall der Gruppe Sport“ durch die deutsche Musiklandschaft fegte, ist bei „Unter den Wolken“ allerdings nicht gegeben. Viel mehr klingt das neue Werk der Hamburger wie der eineiige Zwillingsbruder seines Vorgängers. Mit „Gehirnerschütterung“ startet das Album ähnlich druckvoll, so wie einst „Aufstieg und Fall der Gruppe Sport“ mit „Newton“ ein Riffgewitter heraufbeschwor. Fuzzverzerrte Gitarren und Felix Müllers sozialkritische Texte reichen sich erneut die Hände für ein erbarmungsloses Stelldichein an einem Ort, an dem dunkle Wolken der Sonne den Durchgang verwehren. Musik für verzweifelte, hornbebrillte Philosophiestudenten, die ihre Zuneigung zu rohen Rocksounds ausleben wollen. Zumindest lyrisch steht „Unter den Wolken“ seinem Vorgänger um nichts nach. Der geballte Intellekt findet sich erneut in Müllers beinah poetischen Texten wieder. Allerdings werden dem Hörer beschwingliche Melodien eines „Schönen Gruß, die Satelliten“ oder „Morgen sind wir raus“ nicht mehr mit Kusshand vor die Füße gelegt. Dieses Album mit seinen verstrickten Arrangements, versteckten Melodien und melancholischen Hymnen wie „Namen und Gesichter“, „Unter den Wolken“ und „Wenn alle Stricke reißen“ möchte erkämpft werden. „Wie sich deine Spur verliert, wie sie ganz dicht bei mir in die Leere führt“ lauten die ersten Worte aus „Der Schmerz“, dem insgeheimen Highlight der Platte. Die Worte, denen Felix Müller mit seiner gewohnt resignativ-monotonen Stimme eine düstere Schwingung verleiht, gehören zum Besten, was eine deutschsprachige Band seit langem hervorgebracht hat. „Was dich trennt von der Welt, ist ein Schritt, der aus der Reihe fällt/ Mut und die Kraft, ihn zu behalten“, lautet der Rat, „wenn alle Stricke reißen“. Vielleicht ist unter den Wolken doch noch nicht alles verloren. Davon überzeugen kann man sich bei einigen Sommerkonzerten und auf der derzeit noch geplanten Herbsttour.