The Audience: Dancers & Architects – Das Innere nach außen kehren

The Audience: Dancers And Architects (Hazelwood / Indigo)

Tanzen ist bekanntlich eine der ältesten Ausdrucksformen. Dass The Killers dieses Thema derzeit mit ihrer Frage „Are we human or are we dancer“ in pseudophilosophischer Weise zum Schlager verwursten, ist zwar bedauerlich, doch gibt es auch Lichtblicke: „Dancers And Architects“ zum Beispiel. So heißt das frisch veröffentlichte zweite Album von The Audience. Es steckt mehr Druck dahinter, sie sind lauter geworden und – passend zum Titel – tanzbarer. Im Intro vom Opener „Teal Missing“ wirbelt die Hi-Hat noch zur anschwellenden Orgel, dann um den treibenden Beat, der Bloc Party zu Zeiten von „Silent Alarm“ ebenso gut zu Gesicht gestanden hätte. Auch im darauf folgenden „Picture’s Motion“ zappelt das Schlagzeug mit dem knarzenden Bass im Offbeat um die Wette. Der Bass klingt dabei nicht selten nach Gang of Four oder Grauzone. Aber die fünf Hersbrucker nehmen sich auch die Zeit, um zur Ruhe zu kommen: Nach all den „Dancefloor Fillers“ und „Hardworking Men“ im dritten Song „Kill The Octaves“ sorgen sie für einen wunderbar klaren Moment, verharren in zarten, sanften Klängen, als hingen sie in kalter Morgenluft, bevor Gitarren und Orgel das harmonische Bild verwischen und sich zur finalen Sentenz übereinander türmen. Und da war er wieder angedeutet, der Vergleich zwischen Tänzern und Architekten, die Formen erschaffen und sich damit ausdrücken. Sein Innerstes kehrt auch Sänger Bernd Pflaum nach außen. Nur hat er mittlerweile die jaulende Komponente abgelegt, nicht jedoch das melancholisch fragile Element: Die „Fusty Lines“ werfen einen von der Tanzfläche auf den Hocker und lassen den Kopf in die Hände sinken. Was „A.M.“ sphärisch und dumpf tönend wie ein Tinnitus einleitet, erinnert an die Resignation oder das Aufwachen nach durchzechten Nächten und hinterlässt später einen bitteren Nachgeschmack. Und so präsentieren The Audience bei all den schnellen, vor Tatendrang sprühenden, potentiellen Single-Nummern (so auch „The Shy Runner“ oder das grandiose Finale „Lucy“) ein Album, das seine volle Wirkung erst nach mehrmaligem Hören entfaltet. Die Live-Wirkung kann bei einem der vielen Tourtermine ab Ende November getestet werden!