Hot Gossip: You Look Faster When You Are Young – Scheiße!

Hot Gossip: You Look Faster When You Are Young (Ghost Records / Cargo Records)

Man entschuldige die vulgäre Ausdrucksweise, aber bitte: Was für eine Scheiße! Was für eine Scheiße, dass eine Band wie Hot Gossip und ein Album wie „You Look Faster When You Are Young“ im Musikkosmos nahezu sang- und klanglos untergeht? Und das zwischen all den Durchschnitts-Jüngelchen im Garagenrock und britischen New Wave, immer lahmer werdenden Popproleten und sonstigem Geschmeiß und Einheitsbrei von der Insel. Man möchte sich ja nicht so weit aus dem Fenster lehnen, um Theodizee-Fragen zu stellen, aber mit welcher Begründung lässt sich rechtfertigen, dass diese Band mit ihrem zweiten Album nicht einschlägt wie eine Arschbombe und sämtliche Nebenbuhler nass macht? Ganz einfach: Sie sind weder aus den USA, noch dem UK, obwohl sie so klingen, „nicht mal“ aus Deutschland oder Frankreich. Nein, Hot Gossip sind drei kleine Italiener, die Krach machen – frisch, schnell, laut, rüde, auf den Punkt gebracht und stark ansteckend. Lässt man Area oder Eros Rammazotti außer acht, ist Italien auch nicht für musikalische Exporte bekannt, sondern für Pizza und Pasta. Im Klartext heißt das scheinbar: Hot Gossip sind für Promo-Agenturen und Veranstalter entweder zu unbekannt oder uninteressant. Traurig: Nach vereinzelten Rezensionen zum Debüt „Angels“ anno 2006 scheint die aktuelle Platte auch an der deutschen Musikpresse völlig vorbeigegangen zu sein. So kann das ja nichts werden. Dabei passt doch alles: Mit kernigem Basslauf und eingängiger Melodie vom Opener „Everybody Else“ holen sie den Hörer direkt ab und lassen ihn auch im darauf folgenden „And Again“ nicht mehr von der Tanzfläche. Der Bass knarzt im schnellen Tempo seiner Wege, die Gitarre zackig hinterher, um dann unbeeindruckt die Gesangsmelodie zu betonen. Überraschend, wie gut die Live-Energie auch auf CD rüberkommt. Im dritten Song gibt’s bluesige Gitarrenriffs und ein wenig vom catchigen, schottischen The Fratellis-Pub-Punk. Was sich letztlich tonal und lyrisch zu einem Hauch von Melancholie („I don't know where I'm driving at this hours/ my car goes fast and takes me far away home“) entwickelt, wird im nächsten Song „Fast In The Rain“ wieder schnell zerschrotet: Das Schlagzeug wird nicht nur hier mit ordentlich Nachdruck und Up-Tempo-Rhythmen eingesetzt, sondern verleiht jedem Song das Prädikat „tanzbar“ und treibt das Trio aus Mailand konsequent zu Höchstleistungen an. Giulio Calvino singt dazu lässiges Allerlei oder nölt, wenn ihm danach ist, pfeift im 1:50 kurzen „Call The Rangers“ und füllt mit Bassist Giacomo Zatti den Refrain von „Cops With Telephones“ mit Dududus. Seien die Songs noch so schnell und ruppig, die packenden Melodien haben mitunter einen Popappeal, der weit in die Anfänge des Britpop zurückreicht. Einmal reingehört, kommt man von dem genreübergreifenden Stoff nicht so leicht wieder weg. Was für ein Glück, dass sich die Jungs von mangelnder Aufmerksamkeit nicht unterkriegen lassen. Forza Hot Gossip! Aktuell noch auf Kurz-Tour hierzulande!