House Williams: undogmatische Revolutionisten?

House Williams: Revolutionist (Hazelwood / Sony)

Gut, dass sich die Herren von House Williams vom selbstauferlegten Anus-Presley-Dogma losgesagt haben, dass keinerlei Veröffentlichungen und keine mehrfache Aufführung von Stücken vorsah, denn mit ihrem Erstling „Revolutionist“ haben die Herren aus Hesserika wahrlich ein Werk vorgelegt, dass einem das Wasser in den Gehörgängen zusammenlaufen lässt. Von der Schwermut des vom Leben gezeichneten Country-Barden zeugt der Album-Opener „My Hometown“, in dem Josef Bercek seinen Zwiespalt zu selbiger mit der rauchigen Stimme eines Lou Reed Ausdruck verleiht. Hazelwoodtypisch kommt auch „Revolutionist“ schwer authentisch amerikanisch daher, und „My Hometown is a stranger's place for me“ unterstreicht die Authentizitätsproblematik. Dass Frankfurt und Umgebung durchaus sehr gut als Kulisse für bluesinfizierte Großstadtcowboys herhalten kann, haben die Produktionen aus dem Hause Hazelwood schon allesamt bewiesen und findet auch im Coverartwork von „Revolutionist“ seinen Ausdruck: dort werden zwar keine Hüte mit breiter Krempe, sondern Birkenstocklatschen getragen, aber nach Feierabend genehmigt sich auch der Hesse wie sein amerikanischer Bruder ein Glas Whiskey in der Abendsonne vor der putzbröckelnden Kulisse seiner Werkstätte und lässt den lieben Gott einen guten Mann sein. Dieses Motto scheinen sich die Herren aus dem Hause Williams spätestens beim zweiten Song „Second Chance“ zu Herzen genommen zu haben, denn hier weicht Schwermut langsam einem subtil leichtfüßigen Groove, der sich durch's ganze Album zieht und im herrlichen „Love-Itis“ gipfelt. Erwähnter Lou Reed, Bowie und Velvet Underground stehen hier Pate, und trotzdem klingt das Ganze eigen und modern, was sicher nicht nur auf die verwendete MC-505-Groovebox zurückzuführen ist. Endlich stehen ein paar wenige Konzerttermine des Hessen-Vierers an. Ob sich da ein neues Dogma hinter verbirgt? Nicht mehr als 4 Konzerte pro Jahr? Niemals Konzerte in Norddeutschland? Auf jeden Fall warten wir sehnlichst auf einen Auftritt in „Our Hometown“, um die äußerst kleidsamen Schlafanzüge der Herren einmal in voller Pracht erleben zu dürfen!