Doc Schoko: Große Straße

Doc Schoko: Große Straße (Louisville Records / Universal)

Das ist mal was. Ton Steine Scherben grüßen herzlich in die Zukunft, Von Spar blinzelt um die Ecke, und die Fehlfarben freuen sich, dass auch 2005 die Tücken des Alltags, der Frust im öffentlichen Raum in griffige Gitarre-, Bass- und Schlagzeugformen gebracht werden. Doc Schoko ist Christian Schulte mit Konrad Sprenger am Schlagzeug und Dominik am Bass und hat es verdient, genauer angehört zu werden. Auf den ersten Blick fällt das Urteil schnell in Richtung beliebiger Songwriter auf Deutsch. Nach mehrmaligem Hinsehen und Muse, besonders für die mitunter sehr amüsanten Texte, wächst die „Große Straße“ ungemein und steht plötzlich ganz jenseits deutschrockiger Popmusik. Nicht, dass der gemeinsame Nenner der lauteren und ruhigeren Lieder nicht generell Gitarrenpop lauten könnte. Aber zwischen den eingängigen Refrains und nachvollziehbaren Gedanken steckt eine Menge schmunzelnder Selbstironie. Diese Prise Humor, die sich auch musikalisch in einer dezenten Überbetonung genrespezifischer Querverweise zeigt, macht das Album schließlich aus. Wenn Christian Schulte mit jugendlichem Ernst singt „ich bin ein kleiner Frosch, der zum Mond hüpft“ und Gitarren sich zur bevorstehenden Space-Odyssee vor Rückkopplung biegen, gebührt der Dreistigkeit alle Sympathie. Doc Schoko schert sich wenig um Erwartungen im Popbusiness, macht dafür aber den Eindruck, als hätten die Aufnahmen zu diesem Album sehr sehr viel Spaß gemacht. Dieser kommt auch beim Zuhören auf, wenn Countrygitarren und billige Beats angeschlagen werden. Da wird erzählt, geträumt, gereimt und in Berliner Schnodderton geflucht. Erlaubt ist, was in den Sinn kommt. Die raueren Töne und lauteren Stimmen überzeugen jedoch deutlicher, denn bei den harmonisch romantischeren Passagen drängt sich gerne wieder das x-beliebig Poplabel auf. Anspieltipps: „Kleiner Frosch“, „Traubensaft“, „Rauflaus“. Auf Ochsentour durch die Plattenläden Deutschlands, um sein neues Album anzupreisen, war Doc Schoko gerade ausgiebig. Es folgt noch ein Auftritt beim Berlin Summerize Festival am kommenden Wochenende, für den Herbst werden bald neue Tourdaten erwartet.